MVV im Landkreis:Ein Landkreis steigt um

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Die Kommunen haben erkannt, wie wichtig der öffentliche Personennahverkehr ist. Momentan gibt es 25 Linien, Starnberg leistet sich 2015 den Fünf-Minuten-Takt, bald soll ein Expressbus nach Fürstenfeldbruck starten

Von Christine Setzwein, Starnberg

Es ist einer jener Tage, an denen man am liebsten zu Hause bleiben würde. "Wegen einer Stellwerkstörung kommt es auf der S-Bahnlinie 6 zu Verspätungen bis zu 20 Minuten", teilt der Radiomoderator mit. Ok, also mit dem Auto nach München. "Am Autobahnende der A 95 in München-Sendling staut sich nach einem Unfall der Verkehr. Der Stauzeitrechner sagt, "Sie verlieren 30 Minuten". Macht auch keinen Spaß. Was wirklich Spaß macht, weiß Susanne Münster, die Verkehrsmanagerin des Landkreises: "Busfahren!" Busfahren?

Wenn nichts mehr geht auf Gleisen und Autobahnen, der Bus fährt. Von Gauting aus kommt man mit dem 936er im Stundentakt in gut 20 Minuten zur U-Bahnstation Fürstenried. Wer an der S-Bahnlinie 8 lebt, aber in die S 6 muss: Der 949er verbindet die Bahnhöfe Gilching-Argelsried, Gauting und Starnberg-Nord im Stundentakt.

Im Landkreis Starnberg hat sich in den vergangenen Jahren viel getan im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). 25 Linien gibt es. Von Dezember 2016 an sollen sie überwiegend im Stundentakt fahren. Das liegt zu einem großen Teil an Susanne Münster. Ihr ist es gelungen, Gemeinden und Landkreis zu überzeugen, enorm viel Geld für den ÖPNV auszugeben, ohne, dass vorher umständlich der Bedarf abgefragt wird. "Wir müssen zuerst das Angebot schaffen", lautet ihr Credo. Dann kann der Bedarf immer noch angepasst werden. Und oft ist er höher, als angenommen.

Sie rollen und rollen und rollen: Starnbergs Stadtbusse fahren wichtigen Stationen bald alle vier, fünf Minuten an. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Münsters Lieblingsstrecke: Die Linie 958 von Tutzing nach Andechs. Die "Klosterlinie" gehört mittlerweile zu den bestausgelasteten. Auch immer mehr Schüler aus Andechs, Machtlfing und Traubing sitzen in den blauen MVV-Bussen, die sie zum Gymnasium Tutzing bringen. Der Bus fährt unter der Woche von halb sechs in der Früh bis dreiviertel neun abends im Stundentakt. Neben den Einheimischen nutzen die schnelle und kurze Verbindung vom Starnberger See zum Heiligen Berg auch viele Münchner und Besucher aus dem Oberland. "Sie fahren mit der S-Bahn oder dem Regionalzug nach Tutzing, steigen um in den Bus und müssen nicht überlegen, ob sie im Bräustüberl noch ein zweites Bier genießen dürfen", sagt Münster. Von Dezember 2015 an wird das Angebot noch attraktiver. Dann verbindet die Linie 951 die S-Bahnhöfe Herrsching und Starnberg-Nord im Halbstundentakt - mit Halt in Andechs. "Ein Bad im Ammersee und dann die Brotzeit in Andechs, schöner geht's doch gar nicht", schwärmt Münster.

Ausflügler sind das eine, Pendler das andere. Im Fünfseenland sind eine Menge attraktiver Gewerbegebiete entstanden - weit weg von S-Bahnhöfen. Die Kraillinger Innovationsmeile (KIM), Gilching Süd, Oberpfaffenhofen, Etterschlag, Gewerbepark Inning. Sie alle sollen gut mit Bussen erreichbar sein, findet Münster. Und hat dafür einiges erreicht. Pendler, die mit der S4 nach Grafrath kommen, sind in wenigen Minuten an ihrem Arbeitsplatz in Inning, und das stündlich. Alle 30 Minuten bringt der 947er Fahrgäste von den S-Bahnhöfen Weßling und Gilching in die Gewerbegebiete in Oberpfaffenhofen und Gilching. In die KIM fahren Busse aus Germering, Gauting und Planegg.

Aber es ist auch an die Starnberger, Gautinger oder Herrschinger gedacht, die in München bis 20 Uhr arbeiten müssen oder einkaufen wollen. "Jeder soll noch von den S-Bahnen nach Hause kommen", sagt Münster. Und so fahren die Busse wochentags bis 21 Uhr oder noch später. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2015 können auch Nachtschwärmer im Würmtal aufs Auto verzichten: In Gauting, Stockdorf, Krailling und Planegg fahren die Busse dann bis 24 Uhr im Stundentakt.

Die Ortsteile der Kommunen verbinden, regelmäßige Fahrten aus den Gemeinden in die Kreisstadt anbieten und landkreisübergreifende Linien schaffen - darin sieht Münster ihre Aufgaben. Noch nicht optimal ist der ÖPNV in Inning und Wörthsee, das soll sich 2017 ändern. Im Dezember 2015 startet der landkreisübergreifende Express-Bus von Starnberg über Gilching nach Fürstenfeldbruck und bietet so eine Tangentialverbindung der S-Bahnlinien 6, 8 und 4. Münster denkt schon weiter, sie möchte mit dem Landkreis München einen Express-Bus von Gauting über Neuried nach Fürstenried einrichten. In Starnberg werden von Dezember 2015 an die wichtigsten Haltestellen im Zentrum "alle vier, fünf Minuten angefahren", sagt Münster. Und Seefeld leistet sich von 2017 an als einzige Gemeinde im Landkreis den 20-Minuten-Takt für ihre Bürger.

Dass bei der Aktion von MVV und SZ nun die Busfahrer im Blick sind, gefällt der Verkehrsmanagerin gut. "Das trägt viel zur Identifikation der Fahrgäste mit ihrem Bus bei, aber auch zur Motivation der Fahrer", meint sie.

© SZ vom 11.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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