Modellprojekt:Starnberg streitet ums Geld

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Die Grundschule an der Ferdinand-Maria-Straße ist weitgehend barrierefrei umgebaut worden. Um den Einbau eines 190 000 Euro teuren Aufzugs gab es Streit. (Foto: Georgine Treybal)

Die Debatte über einen Aufzug, der die Grundschule barrierefrei machen soll, endet mit einem Eklat

Von Peter Haacke, Starnberg

Für die Starnberger Stadtverwaltung scheint es derzeit kaum etwas Wichtigeres zu geben als das Thema "Barrierefreiheit" und die Teilnahme am Modellprojekt "Bayern barrierefrei 2023". Vor allem die Grund- und Mittelschule, die stückchenweise zu einem Vorzeigeprojekt umgebaut wird, profitiert in besonderem Maße davon. Der Bauausschuss beriet am Donnerstag über den Anbau eines geschätzt 190 000 Euro teuren Aufzugs, um innerhalb der Grundschule Barrierefreiheit herzustellen. Im Verlauf der Debatte kam es jedoch zum Eklat: Günther Picker (WPS) bezeichnete Ludwig Jägerhuber (CSU) sowie Christiane Falk (SPD) wiederholt als "unsozial", weil beide dem Projekt erst zustimmen wollten, wenn der Haushaltsentwurf 2017 der Stadt vorliegt.

Der Schulkomplex an der Ferdinand-Maria-Straße hat sich für die Stadt zu einer kostspieligen Angelegenheit entwickelt. Millionen flossen bereits in den Bau der Schulmensa, weitere Millionen in Sanierung und Verschönerung der Außenanlagen und Pausenhöfe. Überdies muss die Sporthalle energetisch saniert werden, etwa 800 000 Euro sind 2017 für ein neues Dach, Fenster, Türen und Gebäudehülle der Hirschangerturnhalle fällig. Ein besonderes Anliegen aber ist der Stadtverwaltung der Anbau eines Fahrstuhls, der die Hauptgeschosse der Grundschule verbindet. Zwar gibt es bereits einen barrierefreien Zugang von der Pausenhofebene sowie zum südlich gelegenen Areal. Doch um die untere Ebene zu erreichen, wo sich Gruppenräume befinden, hält die Verwaltung - mit Blick auf künftige Entwicklungen - den Einbau eines Treppenlifts für erforderlich. Derzeit ist ein Schüler so behindert, dass er die Treppen nicht benutzen kann.

Das Gremium war sich grundsätzlich darin einig, dass das Vorhaben sinnvoll ist. Die Geister schieden sich aber an der Kostenfrage - zumal die Stadt Starnberg noch immer keine Beratungen zum Haushalt 2017 aufgenommen hat. Patrick Janik (UWG) plädierte deshalb dafür, vorerst nur eine Planung in Auftrag zu geben, die Umsetzung aber erst dann zu beschließen, wenn der Haushalt abgesegnet ist. Auch Christiane Falk (SPD) wollte vor ihrer Zustimmung "erst den Haushalt sehen".

Sie monierte ebenso wie Ludwig Jägerhuber (CSU), dass die jüngsten Bauvorhaben am Schulkomplex bislang stets nur scheibchenweise von der Stadtverwaltung bekannt gemacht worden seien. Jägerhuber wollte deshalb in den zustimmenden Beschluss zur notwendigen Planung des Liftes den Halbsatz "vorbehaltlich des Ergebnisses der Haushaltsberatungen" eingearbeitet wissen als deutliches Zeichen des Bauausschusses an den Finanzausschuss. "Das haben wir in der Vergangenheit immer hingebracht", sagte er - und bekam Zustimmung von Annette von Czettritz (Grüne), die nach dem Beginn der Haushaltsberatungen fragte. Picker bezeichnete kurz darauf Jägerhuber und andere als "unsozial", wogegen sich Jägerhuber verwahrte: "Hören Sie auf, diese Stimmung reinzubringen", entgegnete er. "Es ist eine Unverschämtheit, was sich dieser Mann in diesem Gremium erlaubt." Später entschuldigte sich Jägerhuber für seinen emotionalen Ausbruch. John indes beschwerte sich über Angriffe gegen die Stadtverwaltung und sie selbst. Der Streit fand später seine Fortsetzung, als Picker einen Kammerl-Beitrag ungefragt kommentierte und sich überdies mit einem Tischnachbarn unterhielt. Kammerls Kommentar: "Herr Picker, halten Sie endlich mal Ihren Mund. Ihre ständigen Anmerkungen sind unerträglich." Czettritz stellte zum Ende der Sitzung fest: "Die Stimmung ist schlecht, weil einer immer pöbeln muss." Und an John gewandt, ergänzte sie: "Sie könnten doch auch mal was dazu sagen."

Der Bau des Aufzugs indes ist beschlossene Sache, dank 7:6-Stimmenmehrheit von WPS, BMS, FDP und Bürgerliste wird der Lift nun gebaut. Die Sanierung der Turnhalle dagegen steht unter dem Vorbehalt der Haushaltsberatungen. Kuriosum am Rande: Ausgerechnet die Sporthalle am Hirschanger wird laut derzeitigem Planungsstand wohl nicht barrierefrei sein.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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