Luise Kinseher in Tutzing:Obama und das Schlossgespenst

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Der Geist von Elmau im Morgenmantel: Kinseher als Schlossgespenst, das beim G-7-Gipfel einen Blick auf den zähneputzenden Barack Obama erhascht. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Kabarettistin gibt auf der viel zu großen Bühne der Tutzinger Würmseehalle ihr Allerlei-Programm und reißt die Zuhörer mit viel Charme und rasantem Rollenspiel zu Gelächter hin

Von Christiane Barth, Tutzing

Luise Kinseher braucht nicht viel Schnickschnack, um zu unterhalten. Allein mit Mimik, Gestik und Stimmmodulation gelingt es ihr, von einer Rolle in die andere zu schlüpfen und das Publikum mit ins Innere von Persönlichkeiten voller Marotten zu nehmen. Diese Qualitäten bewies die gebürtige Niederbayerin auch beim Kabarettabend des Sportvereins TSV in der Würmseehalle Tutzing. Auf einer riesigen Bühne stand sie da, die Patrona Bavariae vom Nockherberg. Ein schwarzer Hintergrund, eine einfache Kulisse: nur ein Tisch, ein Stuhl und drei große Topfpflanzen als Requisiten. Ebenso schlicht kam sie selbst daher: in einem schwarzen Kleid. Lediglich zwei Mäntel und eine Brille halfen ihr bei ihrem rasanten Rollenspiel.

"Die Kinseher kimmt" heißt das Programm, auf das die etwa 500 Zuschauer sehnsüchtig warteten - laut Kabarettistin ein buntes Allerlei. "Das ist so ein Abend, an dem ich einfach mal mache, was ich will", sagte sie zu Beginn. Durchdacht war das natürlich trotzdem: Geschickt wechselte sie von der lallenden Mary from Bavaria zum verrückten Schlossgespenst von Schloss Elmau und zu Helga, die seit über 60 Jahren mit ihrem Heinz verheiratet ist und schon die eigene Beerdigung vorbereitet hat - inklusive vorgekochtem Essen versteht sich. Langweilig wurde es da nicht.

Als Schlossgespenst im hellblauen Bademantel mit rosa Blumen - "der ist natürlich hundert Prozent vegan" - plauderte sie aus dem Nähkästchen. Schließlich bekam sie beim G7-Gipfel Dinge zu sehen, die einem Normalsterblichen vorenthalten bleiben, Barack Obama in Unterwäsche beim Zähneputzen zum Beispiel. An die Wäsche ging es auch bei Kinsehers Abstecher zu Oskar Maria Grafs Bauernerotik - ein Thema, das beim Publikum vor Lachen die Tränen kullern ließ.

Die Vollblutkabarettistin las nämlich nicht nur einige putzige Passagen vom Sattler Sepp und der Gretel vor. Als sie bayrische Begriffe für Geschlechtsverkehr aufzählte - von "Nudelmachen" bis "dem Dirndl bei der Nacht Nüsse schenken" - konnten sich die Zuschauer kaum noch auf den Sitzen halten. Eine melancholisch-ironische Gesangseinlage folgte, quasi zur Entspannung. Die Halle wurde abgedunkelt, nur noch das Scheinwerferlicht auf der Bühne leuchtete, Klavierspiel ertönte zur Begleitung. "Das ging schon a bissel ans Herz, oder?", fragte Luise Kinseher schmunzelnd.

Doch der Stimmungswechsel währte nicht lange. Dafür ist sie einfach zu sehr Kabarettistin durch und durch. Die Sprüche sprudelten nur so aus ihr heraus. Spontan kommentierte sie die viel zu große Bühne oder das Geschehen vor dem Podest. Im Geplauder mit dem Publikum zeigte sich, dass Kinseher nicht nur eine genaue Beobachterin ist, sondern auch eine schlagfertige Unterhalterin, die es versteht, ihre Zuhörer mit Charme um den Finger zu wickeln und sie immer wieder mit einzubeziehen. "Sie hat eine nette Art", meinte eine Zuhörerin begeistert zu ihrer Nachbarin. Und so gelang es ihr, die Besucher stets bei Laune zu halten. "Wollt ihr auch mal etwas sagen?", fragte sie zwischendurch und meinte frech, dass das Publikum ruhig auch mal etwas zum Programm beitragen könnte. Was besonders gut ankam? Laut einer Kabarettbesucherin Folgendes: "Sie nimmt mit viel Charme Politiker aufs Korn."

Stimmt schon. In der Tat bekam die bayrische Landesregierung ihr Fett weg: "Im bayrischen Kabinett, das weiß ich vom Nockherberg, nehmen alle etwas ein - wieso sollte Markus Söder sonst derart schmerzfrei sein und Ilse Aigner dauernd ohne Grund wie ein Wackeldackel lächeln?"

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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