Lokalpolitik:In der Zwickmühle

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Starnbergs Bürgermeisterin Eva John hat erneut zu einer Sitzung des Bauausschusses geladen. Ob dies rechtmäßig ist, bezweifeln etliche Stadträte und das Landratsamt. Den vielen Bauwerbern hilft das nicht weiter

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Tage des aktuellen Starnberger Stadtrats sind gezählt: Eine, höchstens zwei reguläre Sitzungen werden bis Jahresende wohl noch stattfinden - dann wird das Gremium aufgelöst, um den Weg frei zu machen für Nach- oder Neuwahlen im Frühjahr 2015. Völlig ungewiss ist dagegen weiterhin, ob in den vorberatenden städtischen Ausschüssen tatsächlich Dinge erledigt werden können. Denn noch immer besteht Unsicherheit darüber, in welcher personellen Besetzung Bauausschuss, Haupt- und Finanzausschuss sowie das Gremium für Umwelt, Energie und Mobilität rechtssicher eingeladen werden können. Bürgermeisterin Eva John hat für Donnerstag (17 Uhr, Schlossberghalle) die vorerst letzte Sitzung des Bauausschusses mit prallvoller Tagesordnung terminiert. Eingeladen sind die im Mai benannten Mitglieder, um "eine politische Beratung zu ermöglichen", sagte John. Weiterhin unklar ist, ob die Beschlüsse auch Bestand haben.

Es ist eine verzwickte Situation, in die sich der Stadtrat manövriert hat: Auf der einen Seite steht der in der Vorwoche gefasste Mehrheitsbeschluss, die geänderte Ausschussbesetzung vom 28. Juli infolge des Rieskamp-Wechsels von der WPS zur BLS beizubehalten und gegen den Entscheid der Kommunalen Rechtsaufsicht vor dem Verwaltungsgericht zu klagen. Auf der anderen Seite gilt weiterhin das Schreiben der Rechtsaufsicht aus der Vorwoche, wonach die Ausschussbesetzung einen "Ladungsmangel" aufweist, solange der Stadtrat seinen Beschluss vom Juli nicht aufgehoben hat. Im Klartext: Sollte der Bauausschuss Beschlüsse fassen, wären diese unwirksam. Eine Zwickmühle also, in der kaum etwas richtig gemacht werden kann.

Ein bald historisches Foto: der Starnberger Stadtrat im Mai. Ende des Jahres wird er aufgelöst, dann wird neu gewählt. (Foto: Treybal)

Ungeachtet der Situation will John dennoch etwas voranbringen: Die Verwaltung stöhnt nach dreimonatigem Stillstand unter der Last einer Antragsflut, viele Bauherren warten auf Bescheide. In der Vorwoche war kurzfristig eine Sitzung des Bauausschusses anberaumt worden - in "alter" Besetzung vom Mai. Die CSU-Fraktion verließ daraufhin mit Hinweis auf die Situation unter Protest den Saal. Auch am Donnerstag wird das Gremium in "alter" Besetzung tagen. Die spannendste Frage aber ist, wie die Rechtsaufsicht diesen Umstand würdigt: Noch bis Ende November hatten die Landratsamt-Juristen dem Stadtrat eine Frist gesetzt, den Beschluss zur Änderung der Ausschüsse zu revidieren. Sollte sich der Stadtrat weiterhin dagegen sträuben, greift Anfang Dezember eine "Ersatzvornahme": Die Beschlüsse der Gremien werden kassiert - wogegen die Stadt von diesem Zeitpunkt an klagen könnte. Allerdings wird das Landratsamt bis 5. Dezember auch verkünden, dass die Stadtratswahl vom März 2014 ungültig ist. Der Stadtrat würde dann mit sofortiger Wirkung aufgelöst - es sei denn, dass auch dieser Entscheid beklagt wird: Das hätte aufschiebende Wirkung, der Stadtrat bliebe bis zu einem Gerichtsentscheid weiterhin im Amt.

Den Mitgliedern des Bauausschusses wird all dies nicht weiterhelfen. Während die Ausschussmitglieder von BMS, WPS und FDP - die Allianz von Bürgermeisterin John - voraussichtlich in Sollstärke erscheinen, herrscht bei CSU, UWG, SPD und Grünen noch Beratungsbedarf. Allerdings zeichnet sich trotz der verworrenen Situation derzeit eine Tendenz zur Teilnahme zum Wohl der betroffenen Bürger ab.

So kommt es für die CSU zwar "entscheidend darauf an, rechtmäßig zu handeln", erklärte Ortsvorsitzender Stefan Frey. Aber "was hat etwa ein Bauwerber letztlich von Ratsentscheidungen, die rechtswidrig sind?", fragt er. Dies führe nicht nur zu weiterer Rechtsunsicherheit, sondern zu noch mehr berechtigtem Verdruss. Tim Weidner (SPD) betont, dass die Sozialdemokraten "nicht die Rechtsaufsicht sind"; die Grünen dagegen wollen "die Absurdität der Lage ignorieren". Jürgen Busse (UWG) hält nichts von einem Boykott, will aber auch nicht "sinnlos" beraten. Zur Not müsse der Stadtrat eben einen ganzen Tag lang tagen. Busse: "Wir wollen den Bürgern helfen, dass sie ihr Baurecht bekommen."

© SZ vom 19.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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