Lesung mit Musik:Ideen aus dem Sommerhaus

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Lesung mit Musik vor der Ostenrieder-Villa in Weßling, gehalten von Peter Weiß und Marie-Josefin Melchior und Johann Zeller. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die "Villa Ostenrieder" in Weßling stand schon vor dem Abriss, heute gilt das Gebäude als architektonisches Kleinod

Von Patrizia Steipe, Weßling

Hinter der dichten Eibenhecke ist nur der Giebel des Hauses zu erkennen. "Ich trau mein Stern" steht unter dem Erkerdach, und darüber prangt ein goldener Stern. Der Münchner Architekt Max Ostenrieder (1870 - 1917) hatte 1898 aus einem Bauernhaus am Weßlinger See die "Villa Ostenrieder" geschaffen, und in diesem Sommerhaus hat er die Pläne für viele bedeutende Gebäude gezeichnet. Die heutigen Besitzer öffneten ihr Anwesen im Rahmen einer Veranstaltung des Vereins "Unser Dorf" für die Öffentlichkeit.

Ostenrieder war ein gefragter Architekt, der allein in Weßling zwischen 1900 bis 1914 zwölf Häuser gebaut hat. Darunter sind beispielsweise Besold-Villa, Alzheimer-Villa, das neue Schulhaus, das 1911 lediglich aus Lehrerhaus und zwei Schulräumen bestand; außerdem kümmerte er sich um die Renovierung der Grünsink-Kapelle. In München gibt es ebenfalls zahlreiche Stadthäuser, die Ostenrieder entworfen hat. Aber auch bei der Renovierung alter Schlösser und Burgen war Ostenrieder mit seinem Faible für Neugotik und Neuromanik gefragt. Ein Flügel von Kloster Ettal stammt beispielsweise von Ostenrieder. Dabei gibt es an jedem Haus ein Detail, an dem sich der Architekt mit seinen Initialen "MO" verewigt hatte. Dies berichtete im Garten der Villa der Autor Jean Louis Schlim, der ein Buch über Max Ostenrieder im Volk-Verlag herausgegeben hat.

"Max Ostenrieder - Ein Münchner Architekt an der Schwelle zur Neuzeit", heißt der Titel des Werks, in dem ein Kapitel dem Schaffen Ostenrieders in Weßling und im Landkreis Starnberg gewidmet ist. Ostenrieder habe sich als als Architekt kein Denkmal setzen wollen, berichtete Schlim. Er habe in München sogar ein Haus gehabt, das in verschiedenen Stilrichtungen eingerichtet worden war. "Die Kunden konnten dann aussuchen". Die Besucher der Veranstaltung hatten es sich derweil auf den Bänken im liebevoll gepflegten Garten bequem gemacht. Sie genossen zwischen Rosenspalieren den Seeblick und lauschten dem Weßlinger Schauspieler Peter Weiß, der das Publikum mit Texten von Josef Ruederer ins München um die Jahrhundertwende führte, in die Zeit des Prinzregenten und des Deutschen Reichs. Dazu spielte das Duo Klangzeit (Marie-Josefin Melchior und Johann Zeller). Gerne hätte Weiß Originaltexte des Baumeisters gelesen, aber von ihm existierte als schriftlicher Beleg außer Plänen "lediglich eine Unterschrift", bedauerte Weiß.

Unter den Gästen befanden sich auch Urenkel und Enkel von Max Ostenrieder sowie ehemalige Bewohner der Villa. Für die Enkelin war es das erste Mal, dass sie das Haus besichtigen konnte. Der Großvater war nur 47 Jahre alt geworden, der Vater hatte es bald verkauft und war an den Ammersee gezogen, da ihm der Weßlinger See zu klein gewesen sei, erzählte sie.

Jutta Müller hatte mit ihrer Familie acht Jahre lang in dem Haus gewohnt. Die drei kleinen Kinder betreute eine Studentin, die dafür ebenfalls im Haus wohnen durfte. Ein paar Jahrzehnte später besuchte die ehemalige Studentin Sibylle Schwarzbeck gemeinsam mit ihrer ehemaligen Vermieterin Jutta Müller die Veranstaltung. Als Zulassungsarbeit zur Lehrerin hatte sich Schwarzbeck damals die Ostenrieder-Villa als Thema vorgenommen. Ihre Forschungen hatten dann auch dazu geführt, dass das Haus 1975 unter Denkmalschutz gestellt worden war.

Seit 35 Jahren lebt Familie Hafner nun schon in der Villa. Drei Jahre lang hätten sie das Haus renoviert, feucht und sehr marode sei es zuvor gewesen, berichtete die Hausherrin. Bei der Führung wies sie auf Details wie den ehemaligen Beichtstuhl, den Ostenrieder einst als Verkleidung vor die Treppe gebaut hatte, die unterschiedlichen Türen mit ihren Intarsien oder den von Ostenrieder selbst gemalten Marmorierungen.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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