Krailling:Neue Quartiere für Nachtaktive

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Berger Weiher Anbringung von Brutkästen Richard Gebendorfer, Susanne Brittinger und Helmut Schmidtbartl. (Foto: Nila Thiel)

Fledermausfreunde haben für die fliegenden Säugetiere am Berger Weiher und an der Würm neue Kästen aufgehängt. Die Population könnte sich so wieder ausdehnen, hoffen die Tierbeobachter

Von Christiane Bracht, Krailling

Wenn Spaziergänger und Badegäste gegangen sind und sich die Dämmerung langsam auf den Berger Weiher in Krailling legt, dann erwacht langsam das Nachtleben. Es ist die Stunde, in der Richard Gebendorfer am liebsten dort ist. Er setzt sich auf eine Bank, schaut auf das Wasser und genießt die Ruhe. Die Fledermäuse verlassen nach und nach ihre Spalten und Höhlen, um auf Nahrungssuche zu gehen. Denn die Mücken tanzen jetzt über der Wasseroberfläche.

"Es ist faszinierend zu sehen, wie sie im Flug die Insekten fangen - nur mit Hilfe ihrer Ohren", sagt Gebendorfer und seine Augen leuchten vor Begeisterung. "Die einzige Orientierung, die sie haben, sind die Ultraschalllaute, die ihnen verraten, wo die Mücken sind." Seit etwa einem Jahr beobachtet der Kraillinger die Tiere genau und er hat viel dabei gelernt. Zum Beispiel, dass es verschiedene Arten gibt, die nicht leicht auseinanderzuhalten sind. Hier an der Würm leben vor allem Zwergfledermäuse, aber auch der große Abendsegler und die Wasserfledermaus, beides sind geschützte Arten. Sie nutzen die Würm als Schneise, um Richtung Starnberger See oder auch nach München zu fliegen.

Der Fluss bietet ihnen ideale Lebensbedingungen und so lassen sie sich gerne in den Ortschaften an der Würm nieder, um ihre Jungen aufzuziehen. Am liebsten in abbruchreifen Gebäuden, aber auch gerne mal in ausgefaulten, hohlen Baumstämmen. Das Problem ist nur, dass es immer weniger derartiger Quartiere für die Fledermäuse gibt. Mit den Abbrucharbeiten auf dem so genannten Braungrundstück in Krailling und den vielen Bäumen, die dort in den vergangenen Wochen und Monaten gefällt wurden, hat sich der Lebensraum der Fledermäuse wieder ein gutes Stück verkleinert. Dem will Gebendorfer nun entgegentreten - nicht allein natürlich. Er hat Mitstreiter. Helmut Schmidtbartl vom Gartenbauverein zum Beispiel und Susanne Brittinger, die Umweltbeauftragte der Gemeinde. Und auch beim Bund Naturschutz hat der Kraillinger längst Gleichgesinnte gefunden und mit ihnen eine Fledermausgruppe gegründet.

"Wir wollen für den Erhalt der Fledermäuse sorgen", erklärt Gebendorfer. Mit Schmidtbartl hat er 16 Fledermaushöhlen aus Holzbeton gekauft und sogar elf Spaltkästen gezimmert, in die sich die fliegenden Säugetiere zurückziehen können. Die Gemeinde unterstützt ihr Engagement und erlaubte, dass die Kästen auf ihren Grundstücken aufgehängt werden dürfen. Außerdem hat Brittinger dafür gesorgt, dass die Ausgleichszahlung, die der neue Eigentümer des Braungrundstücks dafür zahlen musste, dass er den Tieren ihren Lebensraum geraubt hat, in die Kästen investiert wurde. Und so mussten die beiden Vereine nur noch die Hälfte, also 600 Euro in das Projekt investieren. Auf dem Braungrundstück, im Garten der Stille gleich neben der Margaretenkirche, am Berger Weiher und auch auf dem Linner-Areal hängen nun insgesamt 36 Kästen für Fledermäuse, aber auch ein paar für Vögel wie den Gartenrotschwanz, der ebenfalls auf dem Braungrundstück genistet hatte, und als schützenswerter Vogel gilt.

Vor 20 Jahren gab es laut Brittinger schon einmal eine derartige Initiative, die Vogelkästen im Ort aufgehängt hatte. Doch die meisten sind inzwischen kaputt, außerdem hat sich seit Jahren niemand mehr darum gekümmert - nur noch um die etwa 200, die im Forst Kasten sind. Gebendorfer und Schmidtbartl wollen das nun ändern. Sie erhoffen sich, dass die Tiere die Kästen annehmen und ihre Jungen dort großziehen - vermutlich nicht sofort, aber innerhalb der nächsten fünf Jahre.

Auf diese Weise könnte sich die Population an der Würm vielleicht sogar ausdehnen. Außerdem will Gebendorfer mit seiner Fledermausgruppe die Tiere beobachten. Dazu schauen sie sich auch die Häuser in Krailling, Stockdorf und Gauting an, an denen sich die nachtaktiven Säuger festgehängt haben. Für verletzte Fledermäuse haben die Naturschützer unter Telefon 089/857 39 94 sogar einen Fledermaus-Notruf eingerichtet. Wer ein am Boden liegendes Tier sieht, kann also Hilfe holen. Anfassen sollte man es nicht, rät Gebendorfer. Es könnte sein, dass es beißt.

Ob das Engagement der Fledermaus-Freunde gegen das eher düstere Image der Tiere hilft, wird sich zeigen. Die meisten empfinden es als unheimlich, wenn die dunklen Schatten durch die Dämmerung huschen, blitzschnell ihre Richtung wechseln, mal Sturzflug hinab, dann wieder steil nach oben oder auch direkt auf einen zu und nur knapp am Kopf vorbei.

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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