Krailling:Hallo Wien statt Helloween

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Barbara Felicitas Marin und Timm de Jong gönnen sich mit Susanna Klovsky am Klavier ein Opernduett. (Foto: Fuchs)

Vergnüglicher Abend im Kraillinger Bürgerhaus

Von Reinhard Palmer, Krailling

Aller Anfang ist schwer, profitiert aber auch von der Aufbruchsstimmung, Unternehmungslust und vom Ideenüberschuss der Protagonisten. Krailling dämmerte kulturell allzu lange vor sich hin. Da kribbelt es offenbar einige Kreative in den Fingern, endlich mal was anzupacken. So zeigte sich der vor wenigen Monaten gegründete Verein "Theater an der Würm" dynamisch, von der Lust aufs Machen getrieben. Das Bürgerhaus Hubertus ist zwar nicht gerade ein Kulturpalast, aber dass man daraus schon was machen kann, bewies diese Vorstellung allemal. Zumal mit Unterstützung einer Opernsängertruppe, die den Halloween-Abend weit übers Selbstgemachte hievte.

Herbert Hanko, bekannter Moderator, Sängerbass und gebürtiger Wiener, hatte offenbar die Idee, die Assoziation Halloween versus "Hallo Wien" in eine musikalische Collage zu verwandeln. Die Gemeinsamkeiten der Wortbedeutungen sind eher marginal, abgesehen von den Operetten "Die Fledermaus" von Johann Strauss und über den Teufelsgeiger "Paganini" von Lehár, die wortspielerisch Verbindungen zu knüpfen erlaubten. Aber als Anlass für einen Wiener Lieder- und Operettenabend ist schließlich jedes Mittel recht. Letztendlich ging es darum, mit einem unterhaltsamen Abend ein möglichst breites Publikum anzusprechen, auch wenn es diesmal noch weitestgehend wegblieb. Beginn waren nostalgische Einlagen vom Duo Ulrike von Sybel-Erpf (Violine) und Walter Erpf (Klavier) mit Höhepunkten der Schrammelmusik. Eine Rarität aus Erpfs Plattensammlung, eine Kabarettaufnahme von "Hallo! Hier Radio Wien!" mit den Stimmenimitatoren Franz Engel und Fritz Wiesenthal, auf einem Grammofon abgespielt, führte mit Witz in die Wiener Mentalität ein, der Hans Zacherl mit der Gattung Wienerlied in schauspielerischer Gewandtheit ein Sahnehäubchen aufsetzte. Vor allem mit seiner weinseligen Nummer des stillen Zechers vom Wiener Original Hermann Leopoldi. Selbst in Georg Kreislers Telefonbuchpolka mit ihrer zungenbrecherischen böhmischen Namensliste aus dem Telefonbuch "auf Seite Vau" (etwa Vrba, Vrtl, Vrzala oder Vrbezki) überzeugte Zacherl mit besten Volkssängerqualitäten.

Doch geht es um Wien, ist Operette Pflicht. So bekam die überaus einfühlsame und charmant agierende Klavierbegleiterin Susanna Klovsky eine Menge Arbeit, sich in die musikalischen Welten von Franz Lehár, Emmerich Kálmán, Carl Zeller, Paul Abraham, Karl Millöcker und Leo Fall hinein zu versetzen. Einzig Hanko gönnte sich mit "Reich mir die Hand mein Leben" aus Mozarts "Don Giovanni" ein Opernduett, szenisch überzeugend mit Barbara Felicitas Marin (Sopran) umgesetzt. Zusammen mit Burkhard Solle (Tenor) und Timm de Jong, einem warmtonigen und voluminösen Bass, fesselte das großartige Sängerensemble nicht nur mit stimmlichen Qualitäten, sondern eben auch mit inhaltlicher Wendigkeit. Schnell war man in das jeweilige Ambiente und Szenario versetzt, auch wenn außer Konzertkleidung und einem barocken "Thron" sonst nichts zur Verfügung stand. Und wenn gerade ein Csárdás- oder Zigeunergeiger nötig war, sprang Solle mit Verve und temperamentvollem Schmiss virtuos an der Violine ein. Von "Gräfin Mariza", "Der Vogelhändler" und "Die Csárdásfürstin" über "Giuditta" und "Viktoria und ihr Husar" bis hin zu "Madame Dubarry" kamen Operettenfreunde ausgiebig auf ihre Kosten.

Ein lustvoll-vergnüglicher Abend, dem ein vernünftiger Konzertsaal, ein größerer Flügel und reichlich Publikum gut getan hätten.

© SZ vom 02.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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