Krailling:Einer von uns

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Hans-Jürgen Buchner sucht beim Haindling-Konzert die Nähe zum Publikum

Von Patrizia Steipe, Krailling

Haindling war wieder da. Dieses Mal beim Kraillinger Kult-Art: ausverkauftes Zelt, ein Publikum, das bereits bei den ersten Takten zum Jubeln anfängt und bis zum Schluss gar nicht mehr aufhören mag, das alle Lieder kennt und willig beim Schunkeln, Klatschen und Schnipsen mitmacht. Auf der Bühne agiert ein Hans-Jürgen Buchner, der in den mehr als 30 Jahren Bühnenkarriere mit dem Publikum gealtert ist, wie er selbst anmerkt, dem man seine 70 Jahre aber nicht anmerkt. Buchner ist eben eine Rampensau, der selbst die trotz Ventilatoren auf der Bühne tropischen Temperaturen nichts auszumachen schienen. Zwei Stunden verausgabt er sich nonstop. Singt, springt, tanzt, erzählt und bespielt mit seinen Musikern ein ganzes Orchester an Instrumenten vom Alphorn, über diverses Blech bis zur indischen Maultrommel. Und es gibt reichlich Zugaben. Am Schluss liegen sich Paare in den Armen, andere haben einen seligen Gesichtsausdruck. "Seid's freundlich!", befiehlt Haindling von der Bühne und bekommt ein hundertfaches "Jawoi!" zurück.

Worin liegt das Erfolgsgeheimnis der niederbayerischen Band? Bühnenshow und die Auswahl der Songs sind jedenfalls keine Überraschung. "Paula", "Du Depp", "Lang scho nimmer g'sehn", "Rote Haar", "Bayern", natürlich werden die alten Hits gespielt, aber auch Anspruchsvolleres wie die Filmmusik zu Joseph Vilsmaiers "Bavaria - Traumreise durch Bayern". Altbewährte Sprüche und Einlagen zieht Buchner immer wieder gerne aus seiner Requisitenkisten, auch das ist vorhersehbar.

Trotzdem wirken seine Konzerte nicht routiniert und austauschbar. Buchner sucht die Nähe zum Publikum. Er ist nicht cool, er ist menschlich. Keine manierierten Gesten. Buchner winkt. Keine stylishe Pose. Buchner grinst und zeigt Gefühle, versucht sich in sein Publikum einzufühlen, einen Zugang zu finden. Und so studierte er für seine China-Tournee ein chinesisches Volkslied ein, bei dem die Chinesen begeistert mitsangen. Das war einer seiner Bühnenhöhepunkte, von denen Buchner in seinen Konzerten oft erzählt. Auch in Krailling intoniert er das "Kan Ding" mit dem original chinesischen Intro aus Shanghai. Ein anderes Highlight war die Begegnung mit Ministerpräsident Horst Seehofer. Auch darüber berichtet Buchner bei seinen Auftritten immer wieder. Der Straubinger setzt sich seit Jahrzehnten für die letzten 70 Kilometer unverbauter Donau ein. Bei einem gemeinsamen Termin mit Lobbyisten und Naturschützern hatte Buchner lange überlegt, wie er Seehofer musikalisch packen könnte. Das Ergebnis war die Hymne über seinen Heimatfluss auf die Melodie von "What a wonderful world". Unter die Haut sei das gegangen, gestand Seehofer anschließend, berichtete Buchner den Kraillingern. Buchner selbst haben diese Worte ebenfalls angerührt und die Aussage, dass sein Lied mit dazu beigetragen habe, den Donau-Ausbau zu stoppen. Auch wenn es schon ein paar Jahre her ist, Buchner ist immer noch bewegt. Die Menschen spüren das, und als er die Donau-Hymne anstimmt, werden hie und da verstohlen Tränen aus den Augen gewischt.

Aber dann ist auch wieder Schluss mit Traurig. Buchner schimpft auf die Smartphone-Manie, auf Chemie in den Lebensmitteln. Seine Wahrheiten sind simpel: Geld ist nicht alles; mal geht es runter und dann wieder rauf. Zusammenhalten, Umwelt schützen. Dem Plastikwahn setzt er sein Mülltütenensemble dagegen. Eine echte Alternative zum Cajon. Vor der Bühne wird längst getanzt. Tochter Astrid und die Frauen der Bandmitglieder haben den Auftakt dazu gegeben. Am nächsten Abend steht ein Konzert bei Tollwood auf dem Programm.

© SZ vom 06.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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