Konzert in Herrsching:Aus einem Guss

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Das Ensemble Lodron und der Projektchor Herrsching unter der Leitung von Anton Ludwig Pfell geben Händels ´Messias`

Von Reinhard Palmer, Herrsching

Kultur braucht Geld. Aber zumindest genauso: engagierte Künstler und vor allem eine hohe künstlerische Qualität der Veranstaltungen. Wie wichtig die beide letzteren Faktoren sind, beweist Kirchenmusiker Anton Ludwig Pfell besonders seit seiner Pensionierung, nachdem er von Andechs nach Herrsching wechselte. Seither erlebt die Kirchenmusik in St. Nikolaus echte Höhepunkte unter seiner Leitung oder auch Mitwirkung als Instrumentalist.

Das hat auch damit zu tun, dass Pfell viele Mitglieder der von ihm aufgebauten Andechser Vokalensembles in seinen aktuellen Chor der Pfarreiengemeinschaft Ammersee Ost gefolgt sind. Gut 60 trainierte Stimmen standen denn auch im Projektchor auf dem Podium, als es darum ging, Händels "Messias" vor fast vollen Kirchenbänken in weihnachtlichem Glanz erstrahlen zu lassen. Ein Werk, das die Adventszeit nicht nur inhaltlich mit der christlichen Heilsgeschichte bereichert, sondern auch durch Händels Musik eine sehr ansprechende, feierlich-festliche Atmosphäre ausbreitet. Letzteres war allerdings auch mit einer ausgesprochen sensiblen Ausdrucksformung verbunden, die ganz im Sinne barocker Affektenlehre klare Formen der emotionalen Gestaltung fokussierte.

Dass das so eindringlich möglich war, lag auch daran, dass sich Pfell und das Orchester Ensemble Lodron München nach vielen gemeinsamen Konzerten sehr gut verstehen und verständigen können. Die Instrumentalisten zeigten bei dem vom Kulturverein Herrsching veranstalteten Konzert großes Engagement und ließen sich auf die Präzision und die behutsame Ausdrucksformung des Werkes ein. Das ist für den "Messias" besonders wichtig, weil Händel trotz der Verwendung von früheren Kompositionen im Parodieverfahren dennoch einen sehr dichten Bogen über das ganze Werk spannen konnte. Die Schlüssigkeit der musikalischen Erzählung, die Balance der Elemente und das emotionale Changieren fanden in Anton Ludwig Pfells Interpretation auch eine wohlproportionierte Gestalt, die ein einhelliges Zusammenwirken der Vokalisten wie der Instrumentalisten dringend benötigte. Nur so konnte die wunderbare Poesie des Werkes entstehen und ihre ganze Wirkung entfalten.

Dafür entscheidend sind die Texte aus der King-James-Bibel und dem Book of common Prayer, die einmal mehr der Mäzen Charles Jennens zusammengestellt hatte. In der deutschen Übersetzung büßt das Oratorium nichts von der berührenden Poesie ein, zumal Pfell in seinem Dirigat neben klaren Ansagen auch Raum für emotional-atmosphärisches Changieren übrig ließ, fürs Hören und Empfinden aus dem Moment heraus.

Dies machte sich vor allem in den Solopartien besonders bemerkbar. Schon in den Rezitativen formten Priska Eser (Sopran), Barbara Hölzl (Alt), Robert Wörle (Tenor) und Raphael Sigling (Bass) eng am Text, ohne große Gesten oder Pathos zu bemühen. Sie sangen die Partien melodisch aus, agierten dann auch mit exklamatorischer Kraft, vor allem aber in überzeugender sprachlicher Diktion. Die Homogenität der Solisten, was Zugriff, Ausdruck und Klangcharakteristik betrifft, leistete der Geschlossenheit des Oratoriums zusätzlich Vorschub und ließ die Erzählung besonders fesselnd voranschreiten. Sparsamer Nachdruck und treffsicher platzierte Pointierung waren das Rezept, besonderen Momenten das Feld für eine enorme Wirkung zu bereiten. Dies galt nicht nur für die Solisten, sondern auch für den Chor, der mit großem Ausdrucksspektrum punktete. Leicht und spritzig kam "Denn es ist uns ein Kind geboren", strahlend und Feierlich "Sein Joch ist sanft, die Bürde ist leicht", breit wogend "Seht an das Gotteslamm". Wer schon voller Vorfreude das berühmte "Halleluja" erwartete, wurde nicht enttäuscht: Diese Highlight erklang strahlend, klangschön ausbalanciert, rhythmisch scharf geschnitten, dennoch feierlich breit, die Fuga darin tektonisch imposant. Der Schlusschor zeigte sich noch reicher im Auf und Ab der sich allmählich hochschaukelnden Dramaturgie. "Würdig ist das Lamm, das da starb" sollte geradezu szenisch erscheinen - mit einer spannungsaufgeladenen Generalpause, wie sie explosiver nicht hätte sein können. Lang anhaltender, frenetischer Applaus.

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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