Inning:Getanzte Geschichte

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An einer historischen Revue wirken 13 Inninger Vereine mit. Die Zeitreise in die Vergangenheit schildert eine Wildschweinjagd am Ammersee ebenso wie das heutige Badevergnügen

Von Patrizia Steipe, Inning

"Es war einmal vor tausenden Jahren, da war es bitterkalt. Die Gletscher ragten bis in die Täler, es gab kein Gras, kein Wald." Mit der Moritat von der Entstehung des Ammersees, gesungen vom Inninger Gospelchor, begann die "kunterbunte Zeitreise". Die historische Revue rund um Stegen war ein Gemeinschaftsprojekt von 13 Inninger Vereinen. Mit der Aufführung wurde das Jahresprojekt "historisches Stegen" beendet.

"Geschichte muss nicht trocken sein", sagte Spielleiterin Jutta Göbber, die gemeinsam mit Daniela Herzog und Bärbel Mehnert-Jäger die Texte geschrieben hatte. Zwei Stunden lang entführten die Darsteller das Publikum in der Mehrzweckhalle in vergangene Zeiten. In verschiedenen Szenen wurde nicht nur geschichtliches Wissen vermittelt, die Inninger Landjugend führte beispielsweise zwei Tänze auf, andere Vereine spielten Anekdoten und für Stegen wichtige Eckpunkte nach.

Zum Beispiel die Stegener Brücke. Ihr Ursprung reicht 2000 Jahre zurück. Mitglieder des Sportvereins Inning marschierten als Soldaten von Kaiser Heinrich II., als Carl Gustavs marodierende Schwadronen, als österreichische Krieger, als Vorhut Napoleons und schließlich als "Adolfs Heer" über die Brücke. Martialischer Trommelwirbel des Orchesters untermalte die gespenstische Szene.

"Drecksgesindel", "Lumpenpack" beschimpften sich bei der von den Gmoagauklern einstudierten Szene lauthals die Inninger Bauern und der Stegener Herr Hieronymus Pütrich. Der Streit über Rindviecher und Borstenvieh war wirklich einmal im 16. Jahrhundert vor Gericht verhandelt worden. Auch die Wildschweinjagd im Ammersee beruhte auf wahre Begebenheiten. 1736 waren die Wittelsbacher zur Hatz an den Ammersee gekommen. Höhepunkt dieser Szene war der Auftritt der Montessorischüler mit akrobatischen Kunststücken, bei denen sie Menschenpyramiden bildeten, sich gegenseitig in die Luft schleuderten und dann mit wechselnden Körperposen das Abschlachten der Schweine im Ammersee nachempfanden.

Von den Privilegien der Klosterfischer handelte die Fischerszene mit den Ammerseeengeln. Dabei wurde am Familientisch nicht nur über die Säkularisation gesprochen, sondern auch über das Verbot des Imprägnierens gestritten. Was das aber nun heiße, wollten die Eltern ihren Kindern partout nicht erklären. Und dann kamen vor 100 Jahren die Sommerfrischler an den See und sind seitdem geblieben. Herrlich die exaltierte "Stoderin", die eine Schiffsglocke mit einem Gespenst verwechselte und sich über die Landbevölkerung mokierte, die ungeniert zum Baden ging. Mit dieser Szene führte die Regisseurin das Publikum zurück in die Jetztzeit. Übermütig stürmten die Montessorischüler die Bühne, die sich in einen Badestrand verwandelt hatte und stellten eine heutige Strandszene nach.

Besonderen Applaus bekam der musikalische Leiter des Orchesters, Martin Vogel. Er hatte mit verschiedenen Instrumenten, Musikrichtungen und Melodien eine originellen Musik gefügt. Volksmusik, Jazz und Sphärenklänge hatte er bei der Ouvertüre ineinander verwoben, die Musikfetzen schienen sich wie bei einer Zeitmaschine immer wieder aufzulösen und von neuen Klängen abgelöst zu werden. Zur Aufführung ist eine CD erschienen.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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