Hochstadt:Eine Sternstunde

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"A bisserl was geht immer": Manni Kopfeck (Karl Obermayr) und Monaco (Helmut Fischer) auf der Suche nach Elli. (Foto: Nila Thiel)

"Monaco Franze" läuft beim Open-Air in Hochstadt - für einige Besucher schließt sich eine Bildungslücke

Von Astrid Becker, Hochstadt

Der Abend beginnt mit einer Huperei vor der Tür. Wahrscheinlich eine Alarmanlage. Doch der Besitzer des betroffenen Autos scheint zu wissen, dass dieser Abend kein normaler Abend in einer ganz normalen Wirtschaft ist. Er stellt das lärmenden Ding eiligst ab.

Ein junger Mann am Nebentisch lässt derweil eine Bemerkung fallen, wie sie nicht treffender sein könnte. "Nein", sagt er, "ich habe es noch nie gesehen." Ja, so spricht er weiter, "Ich weiß, dass das eine Bildungslücke ist." Stimmt. Aber er ist nicht allein. Der Mann mit den grauen Schläfen, der am selben Tisch sitzt, könnte sein Vater sein - zumindest dem Alter nach. Er ist es nicht. Aber auch er kennt das, was an diesem Dienstag im Gasthof Schuster beim Open-Air des Fünfseen-Filmfestivals gezeigt wird, noch nicht. Kaum zu glauben, denn immerhin handelt es sich um die beiden ersten Folgen der Kultserie "Monaco Franze" von Helmut Dietl. Und die kennt doch jeder!

Nein. Auch der Filmvorführer und Moderator an diesem Abend, der sich mit Christian vorstellt, will dem Publikum partout nichts über Dietls Werk erzählen. Nicht nur, weil er fälschlicherweise annimmt, dass jeder der gut 80 Anwesenden mit dem Monaco Franze vertraut ist, sondern weil auch er offen, aber sehr charmant zugibt, selbst noch nie eine Folge gesehen zu haben. Das ist in seinem Fall nachvollziehbar, weil die Serie 1983 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde - und Christian zu dieser Zeit vermutlich noch nicht geboren war. Vielleicht hat er daher sogar an manchen Stellen gestaunt - über das München dieser Zeit, das keiner so sehr und so treffsicher skizzieren konnte wie Dietl. Man kann vielleicht noch weiter gehen: Dietl hat dieses München gewissermaßen sogar erfunden, so sehr, dass aus der Fiktion irgendwann Wirklichkeit wurde und aus der Wirklichkeit irgendwann wieder Fiktion, wie in Kir Royal, das Dietl zwei Jahre später drehte und das 1986 zum ersten Mal zu sehen war. Zwei Folgen davon, so erzählt auch der ältere Herr mit den grauen Schläfen, habe er mal gesehen, auf DVD. Denn einen Fernseher habe er noch nie besessen. Eines sei ihm schon damals klar geworden: Dass es Dietl meisterhaft gelungen sei, dieses München regelrecht "vorzuführen", in all seiner oberflächlichen Scheinwelt, in der nur die Wirkung nach außen zähle. Mehr als angebracht sei es daher, dass das Fünfseen-Filmfestival mit dem "Monaco Franze" des im März gestorbenen Filmregisseurs gedenke: "Das war wohl wirklich einer der ganz Großen", sagt er, der sich köstlich über Dietls tiefgründigen Wortwitz und die vielen urkomischen Details in den beiden Folgen amüsiert.

Überhaupt wird viel gelacht an diesem weitaus laueren Abend als gedacht. Über Helmut Fischer als Monaco Franze und seine amourösen Abenteuer. Über seine verzweifelte Suche nach der Elli (Gisela Schneeberger) in der ersten Folge "Ein bissel was geht immer" und sein "ewiges Geschiss mit der Elli" in der "italienischen Angelegenheit", also Teil 2. Über Manni Kopfeck (Karl Obermayr), der seinem Kollegen und Freund zur Seite steht - auch wenn es darum geht, Franzes Frau Annette von Soettingen (Ruth Maria Kubitschek) Ausreden aufzutischen. Aber auch über Nebendarsteller wie Alexander Hegarth, der als kulturbeflissener Dr. Felix Schönferber nur "Sternstunden" und "Jahrhundertvorstellungen" erlebt, auch wenn diese "ein rechter Scheißdreck" waren. An diesem Abend im "Schuster" erleben die Zuschauer allerdings eine echte Sternstunde, selbst diejenigen, die zuvor noch nie etwas vom "Monaco" gehört haben - wie der junge Mann am Nebentisch. Er will seine "Bildungslücke" nun ganz schließen: "Das waren bestimmt nicht die letzten Folgen, die ich gesehen habe."

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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