Herrsching:Wildblumen als Lebensretter

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Bienen brauchen blühende Gärten, Wiesen und Wälder, damit sie überleben können. Selbst ein Balkonkasten kann ein wertvoller Beitrag gegen das Bienensterben sein. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gegen das Bienensterben helfen vor allem blühende Wiesen, sagt Bestäubungsimker Reinhold Singel. Die Herrschinger Grünen wollen jetzt an Straßenrändern und Verkehrsinseln Blumen säen

Von Helene Köck, Herrsching

"Wenn die Bienen verschwinden, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben", soll Albert Einstein einmal gesagt haben. Das wollen die Herrschinger Grünen auf alle Fälle verhindern und haben dazu den Gilchinger Bio-Imker Reinold Singel zu einem öffentlichen Vortrag ins Kurparkschlösschen eingeladen. Singel, Sohn eines Botanikers und zertifizierter Bestäubungsimker, erklärte, warum Bienen und andere Insekten unerlässlich für Nahrungssicherheit und intakte Ökosysteme sind.

Seit den 1950er Jahren ist die Zahl der Bienenvölker extrem gesunken "Schuld daran sind die parasitäre Varroa-Milbe, Umweltgifte und mangelnde Nahrungsquellen", sagte Singel, der das Problem Bienensterben aber nicht ganz so schwarz sieht, wie es häufig beschrieben wird. Besonders dem Rückgang der Blütenpflanzen könne man sich mit etwas gutem Willen entgegensetzen. Sehr hilfreich wäre beispielsweise, wenn Landwirte ihre Wiesen vor dem Mähen zur Blüte kommen ließen. Fatal sei, wenn Bauern tagsüber Flächen in voller Blüte mit einem Mähaufbereiter bearbeiteten. "Da können pro Hektar bis zu drei Völker vernichtet werden", sagte Singel. Wichtig war dem Imker zu betonen, dass auch Privatpersonen sehr viel für den Insektenschutz tun können. Wer die Wiesen in seinem Garten blühen lässt, lockt viele Arten von Bestäubern an. Selbst ein Balkonkasten sei ein wertvolles Ökotop: "Wer im Sommer eine Stunde lang einen Blumenkasten beobachtet, wird erstaunt sein über die Vielfalt der Besucher." Wildblumenflächen fürs Gemeindegebiet Herrsching, wie sie die Grünen anpeilen, seien also eine gute Idee. Auch die Sorge, ob der Honig durch Abgase nicht verunreinigt werde, konnte Singel zerstreuen: "Der Straßendreck macht den Bienen nichts aus, viel gefährlicher sind giftige Neonikotinoide, die in der Landwirtschaft als Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden."

Bunt blühende Randstreifen und Verkehrsinseln, auf denen Wildblumen wachsen - das wünschen sich die Herrschinger Grünen. Ihrem Antrag, dem zufolge der Bauhof auf vielen Flächen im Ort nur noch zweimal jährlich mähen soll, hat der Gemeinderat schon 2014 zugestimmt. "Die Wildblumenwiesen sind aus den verschiedensten Gründen von Vorteil", erläutert Grünen-Ortsvorstand Willi Meyerhöfer. Denn die bunten Flächen würden den Betrachter erfreuen, viel weniger Pflege benötigen als kurz geschorene Einheitsrasen, und vor allem würden sie eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten darstellen. Prominentester Vertreter ist dabei die Honigbiene, die durch Umweltveränderungen stark bedroht ist. In diesem Frühjahr wollen die Grünen das Projekt Wildblumenwiesen deshalb richtig anpacken.

Vorreiter ist Herrsching damit aber nicht. Wildblumenwiesen gibt es beispielsweise schon seit einigen Jahren in Gauting oder Starnberg, wo die Resonanz durchweg positiv zu sein scheint. Bis es auch auf den Herrschinger Grünflächen summt und brummt, muss noch einiges an Arbeit geleistet werden. Die Rasenflächen müssen aufgebrochen und eingesät werden, und vor allem muss man sich für eine Blühmischung entscheiden. Singel empfiehlt mehrjährige Blumensaat, damit sich die Ökosysteme richtig etablieren können.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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