Herrsching:Späher mit scharfen Krallen

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Die Raubvögel von Falkner und Stadtjäger Wolfgang Schreyer, hier ein Bussard, sind Publikum gewohnt. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Falknerei Schreyer lässt auf dem Herrschinger Nachtmarkt die Raubvögel los

Von Thorben Pollerhof, Herrsching

Für einen Raubvogel gibt es wohl nichts Schöneres als Sonnenschein. Wenn dann dazu noch keine einzige Wolke am Himmel ist, dürfte er sich in der Luft pudelwohl fühlen. Beute kann er so kilometerweit erspähen und die Sonne verleiht seinem schon majestätisch anmutenden Gefieder noch das letzte Stückchen Glamour.

Deswegen sind auch die Voraussetzungen für die Flugshow der Falknerei Schreyer auf dem Herrschinger Nachtmarkt ideal. Die Lautsprecher auf dem Sportplatz hinter den Marktständen sind schon aufgebaut, damit auch jeder Besucher Falkner Wolfgang Schreyer gut verstehen kann. Denn er lässt nicht nur die imposanten Tiere durch die Lauft sausen, er erklärt auch ihre Besonderheiten.

Zuerst reißt er die Geschichte der Falknerei an. Denn was die wenigsten wissen: sie ist eine der ältesten Arten der Jagd. Und ja, sie wird auch heute noch eingesetzt. Das sei aber sehr zeitaufwendig, scherzt er, "die Scheidungsrate der Falkner ist brutal." Schreyer und seine Tochter Sandra haben fünf Vögel im Gepäck - allesamt auf die Jagd abgerichtet. Drei Falken, ein Bussard und ein Adler.

Jessy, eine 13-jährige Lannerfalken-Dame, ist das erste Tier. Sie hat, wie bei Flugshows üblich, eine Kappe auf dem Kopf, damit sie nicht von anderen herumfliegenden Vögeln abgelenkt wird. Als der Falkner sie abnimmt, geht ein Raunen durch die Zuschauer. Jessy hat nicht nur ein wunderschönes braun-graues Fell, sondern ihre Augen sind knallgelb und blicken scharf durch die Gegend. Sie fliegt brav von Handschuh zu Handschuh, um ihre Belohnung in Form von Futter einzusammeln. Dann dürfen auch Freiwillige ran, um das beeindruckende Tier einmal aus nächster Nähe betrachten zu können.

Henry, der noch sehr junge Buntfalke, ist zwar sehr viel kleiner als Jessy, hat aber trotzdem Hunger. Und so fliegt auch er wild fiepend von Handschuh zu Handschuh und das ein oder andere Mal auch auf den Kopf eines Zuschauers. Dort bleibt er entspannt sitzen, bis ihn Falkner Schreyer wieder zu sich ruft.

Stella, ein junger Lannerfalke, macht es sich nach der Abnahme der Sichthaube erst einmal auf einem nahegelegenen Baum bequem. Ehe Falkner Schreyer laut "Hop!" ruft, mit der Beute-Attrappe herumwirbelt und der Vogel blitzartig angeflogen kommt und dem kleinen Lederbeutel an der Schnur hinterhersaust. Zu guter Letzt fängt sie ihre Beute in der Luft ab und bekommt dafür nicht nur ein Leckerli, sondern auch gebührenden Applaus vom Publikum.

Fred, der Wüstenbussard, ist nicht nur ein Grifftöter, anders als die Falken, die allesamt Bisstöter sind, sondern besticht auch durch sein braun-oranges Gefieder. Er ist ein Sprinter. Das bedeutet, er ist zwar sehr schnell, das Tempo hält er aber nicht lange durch. Falkner Schreyer lässt einen kleinen Jungen die Jagd-Attrappe hinter sich herziehen und weglaufen. Doch keine Chance, der Bub kommt keine fünf Meter weit, bevor Fred den Lederbeutel einholt. Zum Schluss wird es dann noch einmal ehrfürchtig.

Tiger, der 13-jährige Steppenadler, wird freigelassen und beeindruckt mit einem messerscharfen Blick und einer Flügelspannweite von 1,75 Metern. Doch zum Fliegen ist ihm nicht zumute. "Der Tiger ist ein fauler Hund", sagt Falkner Schreyer und wird prompt in seiner Aussage bestätigt. Tiger watschelt durch die Reihen und bettelt bei jedem Zuschauer um etwas Essen. Von wegen Raubvogel. Von wegen Adler.

Ein oder zwei Runden dreht er am Ende der 45-minütigen Vorstellung dann doch noch. Und da ist es dann wieder: das Glamouröse eines Raubvogels im Sonnenlicht.

© SZ vom 16.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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