Herrsching:Moderne Pädagogik braucht mehr Platz

Lesezeit: 2 min

Im neuen Gymnasium soll es keine Klassenzimmer im herkömmlichen Sinn geben. Grob geschätzt kostet der Bau 35 Millionen Euro

Von Christiane Bracht, Herrsching

Wer an Schule denkt, sieht meist karge Klassenräume vor sich mit Tafel und Lehrerpult vorne. Die Schüler sitzen meist etwas müde in ihren Bankreihen und versuchen dem Vortrag des Lehrers zu folgen. Doch das ist Vergangenheit, beschwören die Pädagogen von heute. Ganz anders soll der Unterricht im geplanten Herrschinger Gymnasium werden - viel lebendiger, heißt es. Die Schüler sollen gleich anwenden können, was sie gelernt haben, damit sie es behalten. Zwar ist der Frontalunterricht auch in der modernen Pädagogik nicht ganz abgeschafft, aber Gruppenarbeit und auch das individuelle Erarbeiten von Themen ist genauso wichtig. Deshalb brauche man verschiedene Räume: für Ruhe, für Bewegung, für individuelles Denken und für Diskussionen untereinander im Kreis oder in Gruppen, aber auch für die Lehrervorträge. Moderne Pädagogik braucht eben Platz. "Bis zu 25 Prozent mehr Fläche ist nötig", erklärt Otto Seydel, der ausgewiesene Experte, den der Landkreis Starnberg für die Planung des Herrschinger Gymnasiums hinzugezogen hat. Das schlägt sich natürlich auch auf den Preis nieder. Kreiskämmerer Stefan Pilgram rechnet mit zirka 35 Millionen Euro für das neue Gebäude. Vieles hänge davon ab, wie geschickt die Planer die Ideen der Pädagogen umsetzten, so Pilgram. Der Wettbewerb wird erst im Frühsommer 2016 abgeschlossen sein.

Trotz der hohen Summe begrüßten die Kreisräte das Konzept. "Das Gebäude bedeutet: Pädagogik wird in Beton gegossen", erklärte der Experte zu Beginn seines Vortrags. Für die Klassen fünf bis sieben soll es danach keine Klassenzimmer im herkömmlichen Sinn mehr geben. Die Jugendlichen arbeiten in so genannten Lernhäusern, in denen drei Räume um einen Sozialraum herumgruppiert sind. Die Wände sind zum Teil aus Glas. Das soll nicht nur Offenheit demonstrieren. So kann man die Klasse auch mal teilen und auf unterschiedliche Art lernen lassen, aber trotzdem eine Sichtverbindung zu allen haben. Seyel pries die Variabilität dieses Systems, die in manchen Gymnasien in München heute bereits Realität ist. Wichtig sei es, alle Räume so auszurüsten, dass moderne Medien in den Unterricht eingebunden werden können. Auch auf gute Akustik und ausreichend Luft und Licht legt man wert.

Ab der achten Klasse sollen die Schüler zum Lehrer kommen. Auf diese Weise sei in jedem Fachraum das nötige Unterrichtsmaterial schon da. Außerdem schaffe es eine andere Atmosphäre, wenn im Deutschzimmer beispielsweise Goethe und Schiller an der Wand hängen, erklärte Seydel.

Das Herrschinger Gymnasium soll für ungefähr 800 Schüler konzipiert werden. Für jeden Jahrgang sind drei Parallelklassen vorgesehen. Nachdem man auch angesichts der hohen Flüchtlingszahlen nicht weiß, was die Zukunft bringt, soll es möglich sein, vierzügig zu unterrichten. Flexibel will man auch insoweit sein, als man Schülern die Möglichkeit bietet, dass das Gymnasium nicht in acht, sondern in neun Stufen zu absolvieren. Außerdem soll ein gebundener Ganztagsunterricht möglich sein. Seydel plädiert dafür, Fahrstühle einzubauen und alles großzügiger zu gestalten, um die Schule inklusionstauglich zu machen. Inhaltlich soll das Gymnasium zwei Schwerpunkte haben: Neben einer naturwissenschaftlich-technischen Ausrichtung will man viel Wert auf Sprachen legen. Dem mehrfachen Wunsch der Wasserwacht erteilte Landrat Karl Roth schon jetzt eine klare Absage: "Ein Hallenbad ist nicht zu stemmen", sagte er im Kreisausschuss. Ansonsten habe man noch nicht über die Sportanlagen für die neue Schule gesprochen.

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: