Herrsching:Doku-Fachmann aus Indien

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Auch die Wirkung zählt: Subramanian Venkat Raman. (Foto: Warkocz)

Subramanian Venkat Raman ist Jury-Mitglied beim Festival

Von Manuela Warkocz, Herrsching

Wie kommt ein Inder in die Jury des Fünfseen-Filmfestivals? Fragt man Subramanian Venkat Raman, lacht er. Und antwortet in perfektem Hochdeutsch: "Die Indienhilfe Herrsching hat mich eingeladen. Mit Elisabeth Kreuzer bin ich seit 1995 in Kontakt wegen Projekten im Umkreis von Kalkutta. Und die Indienhilfe wiederum arbeitet eng mit dem Fünfseen-Festival zusammen." Die ausgezeichneten Deutschkenntnisse von Raju Raman, wie ihn jeder nennt, kommen nicht von ungefähr. 35 Jahre lang arbeitete der polyglotte Intellektuelle, der sechs Sprachen spricht, als Programmreferent und Filmbeauftragter für Südasien am Goethe-Institut in Kalkutta. Der Filmenthusiast kennt sich vor allem in der Dokumentarfilmszene weltweit bestens aus. Er knüpft regelmäßig Kontakte bei den Filmfestspielen in Hof, Duisburg und beim Internationalen Filmfestival Indien in Goa. Auch nach seiner Pensionierung organisiert der 65-Jährige jedes Jahr in Kalkutta mit dem Goethe-Institut das "Kalpanirjhar International Short Fiction Film Festival".

In diesen Tagen hat der indische Festivaldirektor zwei Rollen zu erfüllen: Als Jury-Mitglied und als Botschafter für die Indienhilfe. Raman sitzt in der Bewertungskommission für den "Horizonte"-Filmpreis. Acht ausländische Dokumentarfilme laufen in diesem Wettbewerb. Sie werden danach beurteilt, wie sie die Kriterien Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit und ein stimmiges Zusammenleben von Mensch und Tier umsetzen. Der Gewinner für den mit 2000 Euro dotierten Preis, den die Gemeinde Herrsching stiftet, steht bereits fest. Die Jury unter Vorsitz von Udo Hahn, dem Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing, kürte den besten Wettbewerbsfilm schon am vergangenen Samstag. Verraten wird er freilich noch nicht. Raman zeigte sich aber angetan von "My Name is Salt". In langen Kameraeinstellungen wird die Anstrengung von Familien gezeigt, die jedes Jahr von ihren Dörfern in die indischen Salzwüsten ziehen, um das weißeste Salz der Erde zu gewinnen.

Für Raju Raman zählt neben Idee, Kamera und Musik auch die Wirkung, die ein Film auf das Publikum hat. "Wie gehen wir aus dem Kino? Was bleibt da hängen?" Erstaunt ist er daher, dass die anderen Jury-Mitglieder ihre Entscheidung ausschließlich anhand von zugesandten Filmbeiträgen trafen. Er selbst hat darauf bestanden, zumindest drei Wettbewerbsfilme auf einer Kinoleinwand zu sehen.

Interessant sind die Unterschiede, die er beim Publikum in Deutschland und Indien ausmacht: "Kino in Kalkutta heißt große Säle, viele Leute, die Kino als gesellschaftliches Ereignis und Gemeinschaftserlebnis begreifen. Kaum einer informiert sich vorher, um was es eigentlich geht. Man lässt sich überraschen, auch bei Festivals. In Deutschland selektieren die Leute viel mehr. Die wissen genau, wo sie hingehen wollen."

Für die Indienhilfe nahm Raman am India Film Day am Sonntag teil. Damit wurde die zehn Jahre alte Partnerschaft zwischen Herrsching und Chatra gefeiert. Als Botschafter sprach er im Rotary Club Starnberg, in dem Filmfestchef Matthias Hellwig derzeit Präsident ist, und im Gymnasium Gilching. "Ich bin da so eine Art Zeuge, was die Indienhilfe macht und dass das Geld auch wirklich ankommt", so Raman. Darüber hinaus baut er Termine nach eigenem Interesse ein. Etwa eine Stippvisite im Herrschinger Gemeinderat, "einfach, um mal zu sehen, wie das so abläuft". Dort stand der Punkt Asylbewerber auf der Tagesordnung. Am nächsten Tag, als Bürgermeister Christian Schiller den indischen Gast offiziell begrüßt, äußerte sich der Rathauschef verwundert. Raman kontert filmreif: "Ja, haben Sie gedacht, ich wär' Asylbewerber?"

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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