Herausforderung:"Ununterbrochen in der Verantwortung"

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Marlene Greinwald (Freie Wähler) ist seit 100 Tagen gewählte Erste Bürgermeisterin von Tutzing. Sie sagt, wie das Amt sie verändert hat, welche Baustellen voranzutreiben sind und worüber sie sich freut

Interview von Manuela Warkocz, Tutzing

Vor 100 Tagen, am 28. Januar, hat Marlene Greinwald die Stichwahl für das Amt der Ersten Bürgermeisterin in Tutzing gewonnen. Die 56-jährige Kommunalpolitikerin der Freien Wähler trat die Nachfolge von Rudolf Krug an, der im August 2017 verstorben ist. Greinwald rückte nun als erste Frau an die Rathausspitze Tutzings. Ihr halfen sicher 27 Jahre Erfahrung als Gemeinderätin, zuletzt als Dritte Bürgermeisterin, in ihrem neuen hauptamtlichen Job. Aber die Umstellung der Landbau-Wirtschafterin vom alteingesessenen Greinwald-Hof zur obersten Repräsentantin der 10 000-Einwohner-Gemeinde mit vielen Prominenten war nicht ganz leicht. Als wohltuend wird im Rathaus und von Bürgern ihr sachlich-pragmatischer Arbeitsstil empfunden. Ihr freundliches, ruhiges Auftreten nimmt mancher hitzigen Debatte die Spitze - und dürfte auch mäßigend auf Tutzinger einwirken, die rasch mal mit dem Rechtsanwalt drohen.

SZ: Was hat sich geändert seit Ihrem Aufstieg zur Ersten Bürgermeisterin?

Marlene Greinwald: Das ist schon noch mal ganz anders, muss ich wirklich sagen, weil man mehr in der Verantwortung ist und das ununterbrochen. Da muss man schon versuchen, das hin und wieder aus dem Kopf zu kriegen. Gott sei Dank hab ich da oben meinen Hof, meinen Rückzug, wo nichts mit der Gemeindearbeit zu tun hat, wo alles ist wie immer.

Wie haben Sie sich denn organisiert, damit der Hof, Ihre bisherige Hauptarbeit, weiterläuft?

Wir behelfen uns noch. Ich versuche, mittags immer eine Stunde nach Haus zu kommen. Aber ab Juni hab' ich eine Haushaltshilfe, da bin ich sehr froh.

Sprechen Tutzinger Sie wegen Anliegen auf der Straße an?

Ja, das haben sie schon immer gemacht. Aber wenn's mehr in die Tiefe geht, bitte ich darum ins Rathaus zu kommen. Ich brauch' da auch meine Fachleute.

Sie haben eine Reihe Baustellen übernommen. Die größte ist der Aus- und Umbau der Mittelschule. Was hat sich dort seit ihrem Amtsantritt getan?

Dieses Jahr wird nichts passieren. Da haben sich die Pläne geändert. Wir haben zusätzlich eine Mensa beschlossen und müssen neu ausschreiben. Wir haben jetzt einen Antrag für ein öffentliches Förderprogramm gestellt, in das wir kommen könnten, weil Tutzing so arm ist. Mit dem könnten wir bis zu 90 Prozent der Kosten erstattet bekommen. Das würde aber auch bedeuten, dass wir 2022 fertig sein müssten.

Die Sanierung und Veränderung der Hauptstraße in Tutzing ist das andere große Projekt. Warum verschiebt sich der Baubeginn von diesem Jahr auf 2019?

Bevor nicht alles stimmt mit den Spartenträgern können wir nicht anfangen. Uns tut die Verzögerung für unseren Entscheidungsprozess ganz gut. An diesem Dienstag entscheidet der Gemeinderat, ob wir im Süden an der Lindemannstraße einen Kreisel machen oder eine Einmündung. Ganz gleich was es wird - ich hoffe, es wird dann auch akzeptiert so.

Der "Andechser Hof" ist seit sechs Jahren geschlossen. Gibt es nach dem Scheitern mit einem Investorenmodell eine neue Option, dass der Gasthof wieder eröffnet?

Es wird darüber geredet. Mehr kann ich nicht verraten. Aber es ist schon die Hoffnung, dass man wieder eine Gastronomie unterbringen. Auch eine Saalnutzung wird hoffentlich möglich sein. Von Seiten der Gemeinde tun wir unser Möglichstes.

Die Alte Lehrerhaus in der Greinwaldstraße ist seit letzten Oktober wegen statischer Ungereimtheiten gesperrt. Vereine stehen vor der Tür. Wie geht's weiter?

Das Statikgutachten liegt uns jetzt vor. Es wird grade ausgewertet. Ich weiß noch nicht, welche Baumaßnahmen nötig sind. Wenn's kleine sind, können wir sie selbst erledigen, bei größeren müssen wir ausschreiben. Das dauert. Aber wir müssen das jetzt ordentlich machen. Als erstes sollte dann auf jeden Fall die Mittagsbetreuung wieder einziehen können.

Ein anderes Stichwort - der Seehof. Angeblich liegt ein neuer Antrag der Schlosshotel Tutzing GmbH vor. Was heißt das?

Das ist gar kein neuer Antrag Der wurde schon zu Krugs Zeiten gestellt, wurde aber zurückgestellt im Einvernehmen mit den Antragstellern. Jetzt wird wieder darüber geredet. Wir werden sehen.

Sie haben im Wahlkampf angekündigt, das Gewerbe am Ort zu stärken, um mehr Einnahmen für die klamme Gemeinde zu generieren. Wie geht's voran?

Ich freue mich sehr, dass das W.A.F.-Institut das Grundstück nebenan kaufen konnte und erweitern wird. Der IT-Spezialist Lobster aus Pöcking hat einen Teil des ehemaligen Roche-Geländes gekauft. Wunderbar. Das Hotel Simpson wird jetzt gebaut. Und in Traubing arbeiten wir an der Ausweisung einer Fläche, die uns viele Sorgen nehmen könnte.

Was sehen Sie denn bisher als größten Erfolg an?

Ich freue mich, wenn wir die soziale Bodennutzung auf den Weg bringen. Die werden wir im Juli öffentlich diskutieren. Die Verwaltung arbeitet das momentan aus.

Was käme da bei einem Beschluss des Gemeinderats auf die Tutzinger zu?

Das bedeutet konkret, wenn es im Innenbereich zu einer deutlichen Baurechtsmehrung kommt oder im Außenbereich neues Bauland ausgewiesen wird, dass ein Teil günstiger sein muss, damit entweder ein Einheimischenmodel oder eine soziale Nutzung möglich wird. Entweder kann man günstiger an die Gemeinde verkaufen und die entwickelt das oder man kann es unter gewissen Vorgaben selbst entwickeln, mit 25 Jahren Festschreibung. Sonst schaffen wir das hier nicht, eine gemischte Bevölkerungsstruktur zu erhalten.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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