Gilching:Liebenswertes Leben

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Ausstellung in Gilching widmet sich Menschen mit Down-Syndrom

Von Patrizia Steipe, Gilching

Ein wenig missmutig schaut der 15-jährige Simon schon drein. Seine Spielfiguren hat der Junge in der Schule vergessen. Aber es dauert nicht lange, und schon lacht er wieder und umschlingt liebevoll mal seinen Vater, und dann die Mutter. Patricia und Thomas Vogl haben ihren Sohn mit in das Rathaus Gilching genommen. Die Wolfratshauser haben eine Fotoausstellung über Menschen mit Down-Syndrom konzipiert, um Vorurteile abzubauen.

"Das Leben mit Simon ist das Schönste, was uns passieren konnte", erklärte die Mutter bei einem Pressegespräch. Es sind ganz besondere Menschen, die ein dreifaches Chromosom 21 besitzen. "Leider werden es immer weniger", bedauerte sie. Grund ist die pränatale Diagnostik. Ein einfacher Blutstropfen genüge heute, um ein Down-Syndrom während der Schwangerschaft festzustellen. Fällt die Diagnose positiv aus, dann würden die meisten Eltern das Ungeborene abtreiben lassen. "L(i)ebenswertes Leben" heißt die Ausstellung deswegen.

Sie soll Mut machen, ein Leben mit der Diagnose "Trisonomie 21" anzunehmen. Mit der Ausstellung touren die Vogls durch die Region. Aber nicht in jedem Haus sind sie willkommen. "Vor allem Krankenhäuser verweigern sich vor dem angeblich schweren Thema", kritisierte Patricia Vogl. Kaum zu glauben, denn die Bilder mit den aus ganzen Herzen lachenden Fotomodels machen gute Laune und Lust zum Mitlachen.

Die Fotografin Josée Lamarre hat die Menschen mit Down-Syndrom in ihrem Alltag fotografiert. Die Kanadierin lebt seit 17 Jahren in Bayern. Auf ihren Bildern zeigt sie sensible und lebensfrohe Persönlichkeiten, die viel mehr können, als die Gesellschaft ihnen zutraut. Da ist zum Beispiel Anian. 23 Jahre ist der junge Mann alt. "Seine Lebensliebe, seine Energie und seine Fröhlichkeit scheinen endlos", hatte die Fotografin auf ihre Bildbeschreibung geschrieben. Schlagzeug, Akkordeon, Flöte und Trommel spielt Anian mit Begeisterung.

Verträumt sitzt ein kleines Mädchen auf dem Rücken eines Pferdes. Es ist die achtjährige Alisha. Auf einem anderen Foto sieht man zwei kichernde junge Mädchen. Die 14-jährige Charlotte und ihre Freundin Lea hatten sich stundenlang auf das Fotoshooting vorbereitet, überlegt, was sie anziehen, wie sie ihre Haare frisieren oder sich schminken wollten.

Auch Simon ist auf einem Foto abgebildet. Mit seinen Fingern zeigt er das Ergebnis des letzten FC-Bayern-Fußballspiels. Der Junge ist nämlich großer Fan des deutschen Rekordmeisters. "Diese Kinder, mit so viel Liebe erfüllt, bringen uns bei, das Leben mit anderen Augen zu sehen", so die Fotografin. Einfach sei ein Leben mit Down-Syndrom-Kindern natürlich nicht, "und manchmal wird es richtig schwierig", aber das sei eigentlich bei allen Kindern so, meinte Patricia Vogl.

Dank der guten Fördermöglichkeiten für diese Kinder könnten sie im Leben viel erreichen: selbständige Erwachsene werden, in einer eigenen Wohnung leben, zur Arbeit gehen. Und die Lebenserwartung, die noch vor ein paar Jahrzehnten bei 30 Jahren lag, ist längst auf das Rentenalter gestiegen.

Die Ausstellung "L(i)ebenswertes Leben" kann bis zum 11. Januar 2017 zu den üblichen Öffnungszeiten im neuen Rathaus Gilching besichtigt werden.

© SZ vom 12.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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