Gilching:Großes Staunen in Miniaturwelten

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Tüftler und Besucher verfolgen bei den Modellbahntagen originalgetreue Züge, Trambahnen und Autos in detaillreich gestalteten Landschaften. Digitaltechnik macht Modellbau für eine ganz neue Generation interessant

Von Patrizia Steipe, Gilching

Ein ICE zieht beständig seine Bahnen, daneben fährt ein Straßenbahnwagen ins Depot, Güterzüge überqueren eine Brücke und die Doppeldeckerbahn taucht in den Tunnel ein. Es handelt sich freilich nicht um echte Züge, sondern um originalgetreue Miniaturausgaben im Maßstab 1:160. Vor der acht Meter langen und vier Meter breiten Modellbahnlandschaft hat sich eine Traube von Zuschauern gebildet. Die "Spur N Anlage" des Günztal Museumsbahnvereins Ottobeuren war eine der Attraktionen auf den 4. Gilchinger Modellbahntagen.

In der Aula und Mensa des Christoph-Probst-Gymnasiums hatten sich Hobbybastler und professionelle Anbieter aus der ganzen Region zusammengefunden. Sie hatten ihre selbst gestalteten Landschaften und Schienenstrecken aufgebaut und boten im Flohmarkt Accessoires rund um den Modellbahnbau an. Seit 20 Jahren gibt es die Ottobeurener Anlage schon. 1060 Stunden ist sie bereits auf Ausstellungen und beim Bahnhofsfest gelaufen, berichtet Vereinsvorstand Engelbert Miller. Die Mitglieder des Vereins haben in all den Jahren andauernd an der Landschaft und der Technik gefeilt. Sie hätten mittlerweile Material zusammen, um sieben weitere Anlagen aufzubauen, so Miller. An diesem Tag ist er besonders stolz: "Seit Wochen haben wir versucht die Trambahn zum Fahren zu bringen". Nun fährt das kleine Prunkstück stoisch durch die detailreich gestaltete Landschaft. Die mittelalterlichen Stadthäuser mit ihren Fachwerkbalken bilden einen Kontrast zu den dank LED-Technik blinkenden Schaufenstern und dem Wochenmarkt mit Miniaturlebensmitteln. Sogar ein Bergdorf gibt es. "Das muss noch elektrifiziert werden", erklärt Miller. "Es fehlt Licht".

Huch, da rast ja sogar eine Feuerwehr herbei, um auf der Miniaturanlage einen brennenden Stadl zu löschen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Für Miller gibt es kein vielfältigeres Hobby als das Modellbahnbauen. "Ich ätze meine Platinen selbst, plane die Strecken, lege die Schienen und bastle die Landschaft". Während die Eisenbahnen seines Vereins mit einem leisen Surren und in klassischer Analogtechnik über die Schienen flitzen, sind an anderen Anlagen Zugsignale, Menschenstimmen und sogar Quietschen der Bremsen zu hören. Die Digitaltechnik macht es möglich, erklärt Veranstalter Tobias Meier. "Es gibt zwei Sorten von Modellbahnbauer: die einen wollen alle möglichen Arten von digitalen Möglichkeiten ausprobieren und die anderen bleiben klassisch analog", hat er festgestellt.

Mit der Digitaltechnik habe das Modellbahnbauen einen Aufschwung erlebt, beobachtet der Inhaber eines Spielwarenladens. Im Gegensatz zu früher könnten jetzt alle Loks auf einem Stromkreis, das heißt gemeinsam, auf einer Schiene fahren. Die einzelnen Fahrzeuge lassen sich individuell programmieren. Und nicht nur das: Es gibt eine ganze Reihe von Sonderfunktionen, die die heimische Anlage abwechslungsreich machen. Sein Vater Johannes Meier hat bei den Modellbahntagen eine beeindruckende Schienenanlage aufgebaut, auf der er verschiedene Eisenbahnen fahren lässt. Die wertvollen Waggons aus Messing kosten bis zu 4000 Euro. Sie geben Fahrgeräusche von sich, lassen Dampf ab und sind beleuchtet. Meier gefällt das. als eingefleischter Eisenbahnfan ist er auch bei Sonderfahrten von Original-Dampfloks oft mit von der Partie. Dank seiner Sammelleidenschaft könne er 25 komplette Züge aufstellen, sagt er stolz. "Das größte Problem ist der fehlende Platz".

Vor allem große und kleine Männer hatten ihren Spaß an ausgefeilten Schienenstrecken in Aula und Mensa des Christoph-Probst-Gymnasiums. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dem stimmt die Germeringer Freundesgruppe zu. Sie lässt auf ihren Anlagen kleine elektrische Autos fahren. Im Keller steht diese besondere Anlage, an der sie seit acht Jahren gemeinsam arbeiten. Dafür werden kleine Modellautos umgebaut, unter die selbstgestalteten Straßen verlegen sie stromführenden Draht. Die vielen kleinen Details zogen auch hier viele Besucher an. Während die Autos ihre Runden drehten, hörte man Tiergeräusche aus einem Bauernhof. Ab und an raste die Feuerwehr herbei, um einen brennenden Stadl zu löschen. Der Großteil der Besucher bestand aus Männern mit Söhnen und Enkeln. Ein Männerhobby sei das Modellbahnbauen aber keineswegs, versichern die Aussteller. "Wir sind offen für alle, die Spaß an Modellbahnen haben".

© SZ vom 10.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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