Geplantes Gautinger Gewerbegebiet:Wachsender Widerstand

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Die Gilchinger lassen gerade die Zufahrt zu ihrem Gewerbegebiet ausbauen. (Foto: Nila Thiel)

Die Gautinger Gewerbegebietspläne in der Nähe der Lindauer Autobahn verärgern den Nachbarn so heftig, dass die Töne immer schriller werden. Nun wird der Gilchinger Gemeinderat umfassend informiert

Von Michael Berzl, Gauting

Die Gautinger Pläne für ein großes Gewerbegebiet direkt an der Grenze zu Gilching trüben das Verhältnis zur Nachbargemeinde. Seit das Vorhaben bekannt ist, melden sich immer mehr Kritiker, darunter ÖDP und Grüne sowie die Gilchinger SPD. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass die Gautinger bei der Umsetzung ihres auf knapp 80 Hektar angelegten Großprojekts mit erheblichen Widerständen rechnen müssen. Ohne das Einverständnis der Nachbarn geht es aber nicht. Schließlich muss das Areal von Schutzbestimmungen befreit werden, der Flächennutzungsplan muss geändert, ein neuer Bebauungsplan entwickelt werden, und auch die Zufahrt spielt eine Rolle. Und in all diesen Fragen werden die Gilchinger ein Wörtchen mitzureden haben. Und die dortige SPD-Fraktion kündigt schon an, sie werde sich "mit aller Kraft" gegen die Ansiedlung eines Gewerbegebiets "mit diesen gigantischen Dimensionen" wehren und darauf hinwirken, "dass die Planung in dieser Form nicht verwirklicht wird". So weit geht SPD-Bürgermeister Manfred Walter noch nicht, aber die angekündigten Ausmaße hält er für "völlig überzogen", wie er am Donnerstag der SZ sagte. Mit weiteren Bewertungen hält er sich vorerst zurück. Viel hängt nun davon ab, wie seine Amtskollegin Brigitte Kössinger zusammen mit Rathausmitarbeitern ihm und seinen Kollegen bei einem Termin in gut zwei Wochen ihre Vorstellungen erläutert.

Bisher sind da für Walter noch viele Fragen offen. Während seines Urlaubs in Stockholm im Juni hatte er in der Online-Ausgabe der SZ von den Dimensionen der Gautinger Pläne erfahren und sofort eine E-Mail an Kössinger geschickt. Sie war zwar bei ihm, um über eine Erweiterung eines bereits ausgewiesenen Gewerbegebiets direkt beim Flughafengelände zu sprechen, die Ausmaße, die jetzt im Gespräch sind, haben ihn dann doch überrascht. Andere waren da besser informiert. Die Standortentwickler der Asto-Unternehmensgruppe waren schon involviert, als noch hinter verschlossenen Türen verhandelt wurde, die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landkreises wusste Bescheid, und auch der Planungsverband soll beteiligt gewesen sein. Mittlerweile hat die Gemeinde die Unternehmensberater von Engel & Zimmermann eingeschaltet, die ihren Firmensitz im Schloss Fußberg haben. Sie sollen beim weiteren Procedere die Öffentlichkeitsarbeit begleiten.

Bis die erste Firma ein Betriebsgebäude im geplanten Gewerbegebiet baut, ist es noch ein weiter Weg mit einigen Hindernissen. Eine der Aufgaben, die zu meistern sind, ist Grunderwerb in großem Umfang, denn der größte Teil der benötigten Flächen gehört noch gar nicht der Gemeinde, sondern befindet sich in privater oder öffentlicher Hand. Um den Erwerb der Grundstücke zu erleichtern und auch später eine Kontrollmöglichkeit zu haben, sichert sich das Rathaus nun ein Vorkaufsrecht. Das hat der Bauausschuss mit großer Mehrheit beschlossen.

Es stehen einige Verhandlungen und Transaktionen mit erheblichem finanziellen Volumen bevor. Allerdings sollen die Ausgaben für den Grundstückskauf nicht den Gautinger Gemeindehaushalt belasten, der heuer schon an die Grenzen des Zulässigen stößt. Vielmehr soll eine Projektgesellschaft, die zusammen mit der Asto-Gruppe erst noch gegründet werden soll, Eigentümerin der Flächen werden und später auch die Vermarktung übernehmen.

In dem nun beschlossenen Vorkaufsrecht sieht Bürgermeisterin Kössinger auch ein Instrument, um zu verhindern, "dass sich Aldi da etwas kauft", wie sie in der Ausschusssitzung sagte. Bei einer Pressekonferenz in der Woche zuvor hatte sie ebenfalls beteuert, dass es dort "weder Spielhallen noch große Logistikzentren geben wird". Gerade bei den Nachbarn in Gilching gab es immer noch die Besorgnis, der Discounter könne erneut versuchen, sein Auslieferungslager in der verkehrsgünstigen Lage mit direktem Autobahnanschluss anzusiedeln. Mit dem Vorkaufsrecht hat das Rathaus auch bei künftigen Eigentümerwechseln die Möglichkeit, sich einzuschalten.

Trotzdem haben die beiden Vertreter der Grünen im Bauausschuss, Jürgen Schade und Anne Franke, die Satzung abgelehnt. So stimmen sie konsequent gegen Verfahrensschritte, die mit der Entwicklung des Gewerbegebiets zusammenhängen, das sie insgesamt für überdimensioniert halten. Diese Ansicht teilen sie mit der Gemeinderatsfraktion und dem Ortsverein der SPD in Gilching. Nach den Berechnungen der Vorsitzenden Michael Rappenglück und Christian Winkelmeier ist das Areal so groß wie 150 Fußballfelder. Die negativen Folgen einer Gewerbeansiedlung treffen ihrer Ansicht nach ausschließlich ihre Gemeinde. Die SPD-Politiker beklagen die Zerstörung eines Naherholungsgebietes und befürchten ein wesentlich erhöhtes Verkehrsaufkommen. Ulrich Ellwanger vom ÖDP-Kreisvorstand kündigte "erbitterten Widerstand gegen das größenwahnsinnige Projekt" an.

Trotz solcher Einwände ist Bürgermeisterin Kössinger zuversichtlich, was den Baubeginn betrifft. Ein exakter Termin könne zwar in dem frühen Planungsstadium noch nicht genannt werden, "wenn die diversen notwendigen Genehmigungen zügig erteilt werden, könnte er schon 2017 erfolgen".

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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