Gauting:Streithanseln am Steuer

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Tempo-30-Diskurs führt zu einem Strafverfahren

Von Armin Greune, Gauting

Die seit fünf Jahren andauernden verwaltungsrechtlichen Auseinandersetzungen um Tempo 30 in der Gautinger Römerstraße sind jetzt auch noch um ein strafrechtliches Verfahren bereichert worden. Vor dem Starnberger Amtsgericht musste sich ein Anlieger wegen des Vorwurfs der Nötigung rechtfertigen, weil er einen im Ortszentrum von Gauting lebenden Autofahrer mehrfach ausgebremst haben soll. Beide Betroffene ließen auch im Gerichtssaal keine Gelegenheit aus, sich gegenseitig verbal zu ohrfeigen, doch die Verhandlung endete mit einem Freispruch.

"Das Ding ist komplett umgedreht worden", beschwerte sich der 64-jährige Angeklagte bei Richterin Christine Conrad. Er war per Strafbefehl zu 20 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden und hatte dagegen Einspruch eingelegt. Weil er am 6. März 2016 in der Römerstraße der Aufforderung "Freiwillig 30" gefolgt war, hätte der Autofahrer hinter ihm mindestens viermal länger gehupt und wiederholt versucht, ihn rechts zu überholen. Als er dann vor seinem Haus angehalten habe, habe ihn der Andere beschimpft. Daraufhin habe er den Mann und dessen Wagen fotografiert und sei zur Polizei gefahren, um den Kontrahenten anzuzeigen: "Er hat sich aufgeführt, wie das größte Arschloch aller Zeiten", schloss der 64-Jährige und hinterließ so nicht nur bei Conrad den Eindruck, dass er selbst nicht unbedingt altersweise und besonnen am Steuer agiert.

Anzeige hatte freilich auch der 28-jährige Gautinger erstattet, der sich von ihm genötigt gefühlt hatte - und damit zumindest bei der Staatsanwaltschaft mehr Erfolg gehabt. Der 64-Jährige habe die Spur zum Überholen blockiert und mehrmals so stark abgebremst, dass in seinem Auto der automatische Bremsassistent eingreifen musste, sagte der 28-Jährige. Im abschließenden Plädoyer ging schon die Staatsanwältin davon aus, dass der Angeklagte den Zeugen "nicht aus erzieherischen Gründen ausbremsen wollte". Auch Conrad war der Auffassung, dass der Tatvorwurf nicht nachgewiesen werden konnte; das Vergehen sei zudem als nicht besonders erheblich oder verwerflich zu werten. Von den Beteiligten sei "keiner besser als der andere, beide sind an einer Nötigung knapp vorbeigeschrammt."

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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