Neues Kino in Gauting:Start nach Maß

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Das Lichtspielhaus von Matthias Helwig hat seine ersten hundert Tage hinter sich. Mainstream und Blockbuster laufen in Gauting schlechter als in Starnberg, dafür kommen besondere Filme besser an

Von Blanche Mamer, Gauting

Nach der langen Durststrecke ohne eigenes Lichtspielhaus - im September 2012 hatte das Filmcasino im Untergeschoss des Tengelmann-Hauses am Hauptplatz dicht gemacht - sind die Gautinger begeistert vom neuen Kino am Bahnhof. Seine ersten hundert Tage hat das Breitwand-Kino erfolgreich hinter sich. Zeit für ein erstes Resümee.

Eines hat Kino-Macher Matthias Helwig seit der Eröffnung im Oktober 2016 gelernt: Das Gautinger Publikum ist anders als das Starnberger; Mainstream-Filme und Blockbuster laufen in Starnberg besser als im Würmtal, sagt er. Dafür gehen besondere Filme in Gauting sehr gut. Auf Arthouse zu setzen, war mithin richtig. Und auch mit seinen fünf Sälen lag Helwig richtig. "Es könnten sogar noch mehr sein, denn es kommen immer wieder Anfragen, wann der oder der Film läuft", sagt der Kinochef. Er könne nicht alle gewünschten Filme unterbringen. Die Auswahl sei insgesamt schwieriger geworden, das liege an der großen Zahl von Filmstarts. Vereinzelte Unkenrufe, dass das ganze Projekt zu groß und zu ambitioniert angelegt sei, haben sich bisher in keiner Weise bestätigt.

Bei den besonders beliebten Filmen liegt Gauting indes voll im Trend. So ist die Flüchtlings-Komödie "Willkommen bei den Hartmanns" von Simon Verhoeven mit Senta Berger und Heiner Lauterbach, die bisher erfolgreichste Produktion. Zudem läuft das für 14 Oscars nominierte Musical "La La Land" voll auf der Erfolgsschiene.

"Sehr gut angenommen wird die Öko-Reihe mit Christiane Lüst", sagt Helwig. Bei Filmgesprächen sei die Resonanz unterschiedlich, ebenso bei den fremdsprachigen Filmen, die im Original mit Untertiteln gezeigt werden. Spanische und französische Filme mit Einführung in der jeweiligen Sprache und anschließendem Filmgespräch sind positiv gestartet. Die italienischen Filme haben ebenfalls ordentliche Besucherzahlen. Die englische Reihe tut sich hingegen schwer, sagt Helwig, auch das unterscheidet Gauting von der Kreisstadt Starnberg.

Viel Licht, wenig Schatten: Das moderne Breitwand-Kino kommt bei den Gautingern an. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ein Highlight war das Kinder- und Jugendfilmfestival. "Es war eine Freude zu sehen, wie die Kinder die Kinosäle erobert haben", meint Helwig. Auch die Workshops seien gut angenommen worden. Das lässt hoffen, dass auch die Schulkinowochen, die demnächst in Gauting stattfinden sollen, eine starke Resonanz erreichen. Ein sehr schönes Fest in der Woche nach Weihnachten war die Blues-Session "Señor Blues" in Verbindung mit dem Dokumentarfilm "Mali Blues". Das Konzert war ausverkauft und die Stimmung unwahrscheinlich gut. Das gilt auch für die zwei Tango-Abende mit Tanz-Einführung in der Kino-Lounge. Mit einer gewissen Spannung wartet der risikobereite Kinochef nun, ob die erste Opern-Live-Übertragung - "Il Trovatore" von Verdi - aus der Royal Opera in London am kommenden Dienstag ihr Publikum findet. "Wir werden sehen", sagt Helwig. Jedenfalls gibt es fast wie in der richtigen Oper ein Glas Prosecco zum Auftakt. Einmal im Monat ist eine Ballett- oder Opernübertragung vorgesehen.

Viele Filmfans möchten jedenfalls gar nicht mehr woanders hinfahren. Langjährige Kinogänger aus Seefeld hätten sich bereits beschwert, dass die besonderen Filme jetzt in Gauting zu sehen seien, erzählt Helwig. Umgekehrt klagen Gautinger, dass sie trotz des großen Angebots nach wie vor nach Seefeld fahren müssten. Doch grundsätzlich bedanken sich die meisten Gautinger für das schöne Kino. Das Gebäude selbst kommt sehr gut an. Es verbindet eine moderne graue Strenge mit unerwarteter Transparenz. Man kann von außen sehen, was drinnen passiert, und von Innen hat man einen schönen Blick auf die Bahnhofstraße und auf die Züge der S-Bahn. Viel gelobt wird auch das angeschlossene Restaurant: "Vom Gefühl her, ist die Kombination richtig."

Aufwärts: Matthias Helwig auf der Treppe seines neuen Lichtspielhauses in Gauting. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nach dem erfolgreichen Start und den ersten Erfahrungen beginnen für Helwig und sein Team jetzt die Vorbereitungen zum Fünfseen-Filmfestival. "Da wird Gauting eine große Rolle spielen", verspricht Helwig. Eine so schöne Eingangstreppe für den blauen Teppich gibt es jedenfalls in keinem seiner anderen Kinos.

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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