Gauting:Siegeszug der Repair-Cafés

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Nach den Herrschingern und Starnbergern können nun auch die Gautinger Handys, Kaffeemaschinen und Kleidung gegen eine Spende reparieren lassen, dabei Kontakte knüpfen und den Fachleuten über die Schulter schauen

Von Blanche Mamer, Gauting

Gut eine Stunde arbeitet Norbert Fiedler bereits an der mechanisch gesteuerten Pfaff-Nähmaschine. Dann ist klar, ein Teil ist defekt, Ersatz muss besorgt werden. Das muss der Kunde selbst organisieren und zum nächsten Repair-Café im Gautinger Bahnhof wiederkommen. Bernd Darnawan, ein weiterer Betreuer am Tisch Feinmechanik, hilft einem Kunden, die Steuerungsknöpfe seines Radios zu ersetzen. Und es wartet schon die nächste Nähmaschine: Mindestens zehn Nähnadeln, die sich im Fußbereich verklemmt hatten, fischt Fiedler heraus, zudem ziemlich kompakte Bällchen aus Staub- und Stoffflusen. Für diese Maschine werden gleich mehrere Ersatzteile benötigt, die Fiedler genau auf dem Reparaturschein notiert. Am Nebentisch ist Stefan Hacke mit einem kaputten Mixer beschäftigt. Wie sich nach langer Suche herausstellt, war es keine große Sache, aber es dauerte, bis er den Defekt gefunden hat.

Um 14 Uhr, als das erste Gautinger Repair-Café öffnet, ist die ehemalige Pizzeria im Bahnhof rappelvoll, einige Kunden müssen draußen ausharren. Denn die Reparatur ist umsonst, erwartet wird lediglich eine Spende. "Es waren auch eine Reihe von Neugierigen da, die erst mal nur kucken wollten", sagt Christiane Lüst, die Initiatorin der Gautinger Reparaturwerkstatt. Etwa 30 Betreuer stehen ihr zur Verfügung, einige sind Fachleute, Ingenieure, Handwerker, Maschinenbauer, Computerspezialisten, einige sind Tüftler und Bastler mit Know-how. "Wir haben nicht nach dem Beruf gefragt", sagt Lüst. Sie verlässt sich darauf, dass sich die Betreuer, die hier ehrenamtlich mitmachen, auskennen.

Sanne Kneisel beispielsweise ist Werklehrerin. Weil sie befürchtet hatte, dass keiner kommen würde, um ihre Näh- und Reparaturkünste in Anspruch zu nehmen, hat sie die Hängematte einer Freundin mitgebracht, um ein Loch von zwei Zentimetern Durchmesser zu richten. Erst hat sie es gestopft, nun wird sie von beiden Seiten farblich passende Stoffflecken darauf setzen und so verstärken, dass das Loch nicht erneut aufreißt. Ihre Kollegin Michaela Fuchs legt derweil eine seidene Pyjamahose unter das Füßchen ihrer privaten Nähmaschine, justiert die Nadel, stellt die Stichgröße ein und beginnt, einen Riss im Schritt zu flicken.

"Reparieren statt wegwerfen" ist der Gedanke, der hinter den Repair-Cafés steht, die seit kurzem auch im Fünfseenland aus dem Boden sprießen. Nach Herrsching und Starnberg ist nun auch Gauting dabei, die Gilchinger suchen noch Helfer. "Für uns steht auch die Idee dahinter, die Leute zusammenzubringen. Und Kontakte zu schaffen", sagt Lüst. Sie freut sich, dass die Premiere so gut geklappt hat, immerhin sind in den ersten eineinhalb Stunden mehr als 30 Kunden bedient worden. So manch ein Heimwerker hat zuvor schon selbst versucht, das defekte Gerät zu richten. Hilfe zur Selbsthilfe ist ein weiteres Anliegen der Repair-Cafés. Es gab auch von vielen Seiten Unterstützung, sagt ÖDP-Gemeinderätin Lüst. Nicht nur von den zahlreichen ehrenamtlichen Reparateuren, die ihren Samstagnachmittag opferten, sondern auch vom Gautinger Rathaus, dem Landratsamt Starnberg, dem Regionalwerk oder der Firma Hagebauer, die die Werkzeugkästen beisteuerte.

Eines ist klar: Der Bedarf ist da, die Liste der zu richtenden Gegenstände lang. Kaputte Handys knapp nach Ablauf der Garantie, Computer-Tastaturen, Kaffeemaschinen, Stecker, Wasserkocher, Kleidung. "Wir haben noch Kapazitäten frei im Bereich Fahrradreparatur, Textil, Holz, Buchbinden, Stricken", so Lüst. Und die Erfahrung des Auftakts zeigt, dass nach dem ersten Ansturm gegen 15.30 Uhr eine gute Zeit ist, um gleich an die Reihe zu kommen. Wer warten muss, kann sich die Zeit mit Kaffeetrinken und Gesprächen in der bequemen Sofaecke vertreiben.

Nächstes Treffen ist am 17. Januar. 2015 findet das Gautinger Reparatur-Café dann regelmäßig an jedem dritten Samstag im Monat statt.

© SZ vom 25.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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