Gauting:Professionelle Hilfe für Messies

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Michael Schröter bietet in seiner Akademie eine besondere Ausbildung an

Von Blanche Mamer, Gauting

Seit einem Jahr laufen die Vorbereitungen für eine Ausbildung zur Messie-Hilfe-Fachkraft. Für Michael Schröter, der im vergangenen Herbst in Gauting die erste Messie-Akademie in Deutschland gegründet hat, ist es schon lange ein Anliegen, zukünftige Messie-Betreuer in Theorie und Praxis zu unterrichten. Das sei dringend notwendig, findet Schröter. Denn es gibt in Deutschland schätzungsweise zwei bis zweieinhalb Millionen von Messie-Syndrom- Betroffene, jedoch viel zu wenig professionelle Helfer, die sich mit Vermüllung auskennen, gezielt entrümpeln und sich dann darum kümmern, dass der krankhafte Sammelzwang nicht gleich wieder einsetzt. Er findet, der Bedarf an Fachkräften sei groß.

An diesem Samstag startet die Akademie mit dem ersten Wochenend- Theorieblock in Erdgeschossräumen im Alten E-Werk in Gauting, am Hauptplatz 1, Seiteneingang Nord. Zum Lehrgang gehören Übungen in dem extra eingemüllten Messie-Appartement sowie Praxistage in Wohnungen von Betroffenen. In einem zweiten Praxisblock am ersten Wochenende im März sollen die Erfahrungen diskutiert und das Gelernte vertieft werden. Zudem sollen die ersten Schritte zu einem eigenen Dienstleistungsbetrieb geübt werden. Angesprochen sind Menschen, die im medizinischen, sozialen oder seelsorgerischen Bereich arbeiten und bereits mit dem Problem konfrontiert waren, sagt Schröter. "Sie sollten auf jeden Fall den Wunsch haben, Mitmenschen beizustehen und zudem gewillt sein, selbstständig zu arbeiten." Bisher haben sich fünf zukünftige Messie-Helfer angemeldet. "Wir wollen mit der kleinen Gruppe beginnen, sind aber noch offen für zwei bis drei weitere Teilnehmer", sagt Schröter.

Seit bald 15 Jahren kümmert Schröter sich um sogenannte Messies. Für ihn galt: "Learning by Doing". Er hat seine Erfahrungen als Altenpfleger bei der Caritas in Starnberg gesammelt und erzählt, wie bestürzt er war, als er das erste Mal eine Messie-Wohnung betrat. Er musste sich erst mal einen Weg frei räumen, um überhaupt eintreten zu können. Und dann war da ein unbeschreiblicher Gestank, denn der Betroffene hatte nicht nur kein Fitzelchen Papier aus dem vergangenen Jahrzehnt wegwerfen können, Zeitungen, Zeitschriften und Anzeigenblättchen bis fast zur Decke gestapelt, er hatte auch den Müll nicht mehr entsorgt und so gut wie nie gelüftet. Denn auch die Fenster waren zugestellt.

In der folgenden Zeit lernte Schröter, dass die meisten Betroffenen stark vereinsamen, weil sie aus Scham über ihre furchtbare Wohnungen, niemanden mehr hereinlassen, dass sie oft an Depressionen leiden und an körperliche Beschwerden - sie haben Atemwegserkrankungen und Migräne - und als zusätzliches Problem kommt oft Alkoholismus dazu.

"Wichtig für den Helfer ist nicht nur, einen Weg durch die Wohnung zu finden, sondern auch einen Zugang zum Menschen und seinen seelischen Problemen", betont Schröter. Auch das könne man üben. Dabei unterstützte ihn eine Kunst- und Gestalttherapeutin. Den Großteil der Kurse gibt er selbst. Weitere Informationen unter www.messie-akademie.de oder über 089/89743232.

© SZ vom 03.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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