Gauting:Lebensfreude und seelentiefe Heiterkeit

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Gelassen und spontan: Biboul Darouiche begeistert mit seiner Band im Gautinger Bosco das Publikum. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Musiker Biboul Darouiche vermittelt mit seiner Formation "Soleil Bantu" ein ungewohntes Bild vom afrikanischen Kontinent

Von Reinhard Palmer, Gauting

Unsere Vorstellung von Afrika prägen Bilder von Armut und Elend. Doch wer die Musik des magischen Riesenkontinents hört, die auf der jahrtausendealten Kultur der Bantu basiert, ist überzeugt: Gott war gut gelaunt und großzügig, als er diesen Erdteil erschuf, denn er schenkte ihm üppige Freude und unerschütterliche Hoffnung. In vielen Sprachen der etwa 400 Ethnien bedeutet "Bantu" schlicht "Menschen". Darauf bezog sich der Kameruner Biboul Darouiche, als er das im "Bosco" vorgestellte Projekt seiner Formation Soleil Bantu "We the People" nannte.

Es sind zwar selten alle angekündigten Musiker auf der Bühne, aber auch das ist Afrika: Gelassenheit und Spontanität. Wer mit Darouiche musiziert, gehört zur ersten Garde einer weit abgesteckten musikalischen Landschaft. Afrikanische Musik passt dank ihrer Harmonisierung fast immer mit allen Gattungen der U-Musik zusammen. Jazz, Rock, Soul oder Funk haben schließlich alle ihre Wurzeln weitgehend in afrikanischen Kulturen. Sein Vater sei syrischer Kurde, seine Mutter Bantu, sagte Darouiche. Er selbst durchwanderte viele Länder, bevor er in München eine neue Heimat fand, von der aus er die ganze Welt bereist. Auch als Perkussionist sucht er immer wieder neue Verbindungen: Zum frei wandelbaren und wendigen Hauptthema liefert Darouiche an den Congas oder am Schlagzeugset den afrikanischen Puls, der alles trägt und in Bewegung hält. So hielt es auch einen großen Teil der zahlreichen Besucher nicht mehr auf den Stühlen, nach der Pause mutierte das Konzert zu einer Tanzveranstaltung.

Zur Bantu-Musik gehören aber auch traditionelle Geschichten, die Darouiche in dichter erzählerischer Manier über ekstatischer, fast schon hypnotischer Unterlage ausbreitet. Die elektrisierende Wirkung entsteht vor allem aus der Eindringlichkeit der Wiederholung, einer konsequent über die Schmerzgrenze hinaus geführten Monotonie. Erfuhr sie eine Intensivierung, so stellte sich ein wilder Taumel ein, der schwindlig machte. Die Erzählungen handelten davon, was Menschen auf der ganzen Welt alltäglich bewegt. Er sang von Mädchen, die sich heimlich verlieben; von Jungen, die gegen den Willen der Eltern Musiker werden wollen, oder vom Onkel "Caramba", der in Spanisch-Guinea gewesen war, was mit Latinrhythmik wiedergegeben wurde. Aber Darouiche sprach auch ernste Themen an, wie etwa die Feindseligkeiten in Jerusalem.

Beherrschten in der ersten Konzerthälfte monoton skandierte Titel den musikalischen Charakter, so kam nach der Pause mit karibisch anmutenden Rhythmen und stärkerer melodischer Ausprägung eine seelentiefe Heiterkeit ins Spiel. Die Gitarre rockte nun nicht mehr, sondern sang beschwingte Themen, während sich das Keyboard zum Xylophon, Vibraphon oder Marimba wandelte. Beeindruckend war dabei auch immer wieder der hintergründige Puls an der Krin-Schlitztrommel, die im Grunde ein ausgehöhlter Baumstamm ist. Das faszinierendste blieb aber die rasante Kalimba-Daumenspieltechnik Darouiches, mit der er ostinate, rhythmisch-melodische Figurationen unterlegte - so ganz nebenbei, während er sich seinen gesungenen Geschichten widmete. Euphorischer Schlussjubel und eine Zugabe blieben nicht aus.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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