Gastspiel:Für Orgelwalze und Ritter

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Klangästheten am Werk: Das Münchner Bläserquintett, gebildet aus Mitgliedern des Münchner Rundfunkorchesters, beim Auftritt in Gauting. (Foto: Franz X. Fuchs)

Das Münchner Bläserquintett überzeugt bei seinem Gastspiel in der Gautinger Remise mit Werken von Mozart bis Reicha - und Festivalchef Florian Prey mit einem musikalischen Scherz

Von Reinhard Palmer, Gauting

Holzbläser und Horn: Eine Kombination, die sich schon in den Harmoniemusiken bewährt hatte. Dass sich aus dieser klanglich homogenen Konstellation mal eine feste Gattung ergeben würde, war nur eine Frage der Zeit, beziehungsweise der Entwicklung der Instrumente, bis sie endlich einheitlich und in kammermusikalischer Feinheit gespielt werden konnten. Das geschah zur Zeit Mozarts, der auch fortschrittlich genug war, diese Möglichkeit sofort am Schopf zu packen. An dieser Stelle setzte das Münchner Bläserquintett in der Remise im Gautinger Schlosspark Fußberg im Programm des Kleinen Sommerfestivals an.

Die Besetzung des Ensembles enthält auch die besonders im 18. Jahrhundert beliebte Flöte, die dem Ensemble einen helleren, brillanteren Klang verleiht. Und das ist nicht unwichtig, führt doch solches Kolorit die klangliche Vorstellung, die Klangästhetik jener Zeit mit ihrer Leichtigkeit und Transparenz deutlich vor Ohren. Mozarts F-Dur-Andante für "eine Walze in einer kleinen Orgel" KV 616 hatte dahingehend allerdings eher eine Sonderstellung im Programm, war der Komponist doch in dem Werk an enge Vorgaben vor allem vom Tonumfang her gebunden. Notiert hatte er das Werk im Original für ein Bläserquintett, auch wenn es heute meist von Organisten gespielt wird.

So präsentierte das Ensemble eine Rarität, die aufgrund der ursprünglichen Bestimmung - ein Automat - vor allem rhythmisch höchste Präzision verlangte. Das Münchner Bläserquintett meisterte die Aufgabe mit viel Fingerspitzengefühl und vermochte es auch, die ereignisreiche Theatralik - da fürs Wachsfiguren- und Kuriositätenkabinett gedacht - unter einem homogenen Bogen unterzubringen. Diese Problematik sollte dem Ensemble später beim Dänen Carl Nielsen, dem Spätromantiker an der Schwelle zur Moderne, noch einmal große Anstrengung abfordern. Was kein Zufall war, hatte sich Nielsen doch von Mozart zu dieser Komposition inspirieren lassen. Während das zentrale Menuet klar auf verschiedene klangliche Konstellationen der Instrumente setzt und recht einfache Hell-Dunkel-Gegenüberstellungen thematisiert, sind die Rahmensätze von einer übermäßigen Fülle an Einfällen gekennzeichnet. Eine klare Linie zu entwickeln, gelang dem Münchner Bläserquintett im Kopfsatz und im Finale nicht, aber sie war vom Komponisten wohl auch nicht beabsichtigt. Den rhapsodischen Charakter, der eine Reihe von Bildern und Szenen evozierte, kostete das Ensemble aber mit reicher Farbigkeit aus.

Dass sie etwas vom feinsinnigen Changieren versteht, hatten die fünf Musiker schon in "Drei Stücke pour le Cor anglais" bewiesen. Doch der Bläsersatz von Antonin Reicha von etwa 1817 war dort aufgrund der langsamen Tempi auf rein atmosphärische Qualität ausgerichtet. Bei Nielsen ging es hingegen um weit kontrastreichere emotionale Ausprägungen, zumal der Schlusssatz ein Thema mit Variationen enthält. Von lyrisch über melancholisch betrübt bis hin zu scharf rhythmisiert und kurios burlesk spannte das Ensemble überzeugend das Ausdrucksspektrum.

Für einen musikalischen Scherz im Programm sorgte der Bariton und künstlerischer Leiter des Festivals Florian Prey. Klarinettist Matthias Ambrosius setzte sich an den Flügel und begleitete Prey und den Fagottisten Till Heine. Der Frühromantiker Conradin Kreutzer hat für diese Besetzung die Burleske "Der todte Fagott" komponiert, eine Parodie auf mittelalterliche Ritterromanzen, ohne Mord und Totschlag auszusparen. All das schön überzeichnet, um humoristisch aufgefasst zu werden, zumal das Fagott, reichlich kurios vom Ritterknappen gespielt, als Protagonist fungiert und das Trio szenische Elemente aufgriff. Ein Spaß, der das Publikum der Sonntagsmatinee begeisterte.

© SZ vom 25.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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