Gauting:Französisch frisch

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"Quatuor Voce" erobert das Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Zweifelsohne: Dieses Streichquartett gehört weltweit zu den Spitzenensembles. Der Erfolg von "Quatuor Voce" ist umso bewundernswerter, da sich das Ensemble nicht mit einem Big Bang in einem renommierten Wettbewerb Gehör verschafft hat, sondern mittels beharrlicher, ehrlicher Qualitätsarbeit in Konzerten und sonstigen Engagements. Doch auch auf diesem Weg ist es dem Quartett gelungen, höchste Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen: Deshalb schnitt wohl auch der Bayerische Rundfunk dieses Konzert im "Bosco" mit. Und der Tontechniker bekam in seinem mobilen Aufnahmestudio phrenetische Ovationen eines euphorisierten Publikums zu hören.

Denn die Vorstellung, die das junge Ensemble so mitreißend hingebungsvoll und so extrem konzentriert gab, rührte die Seelen der Zuhörer tief an. Kaum zu glauben, dass mit derart unprätentiösem Spiel eine hochgradige Spannung zu halten ist. Gerade in "Très lent" des einzigen Ravel-Streichquartetts bewiesen die drei Damen und der Bratscher Ausdauer und ihre Fähigkeit, auch die Verdichtungen leidenschaftlich in der Aussage zu untermauern. Andererseits erinnerten sie daran, dass Werke französischer Schule eines besonderen Zugriffs bedürfen, den eben Franzosen am besten beherrschen. Aber auch Beethovens Streichquartett c-Moll op. 18/4 tat die vitale Frische von "Quatuor Voce" gut. Wunderbar, wie ätherisch leicht sich das Andante scherzoso zurückzog oder das Menuetto seinen Tanzcharakter durchschimmern ließ. Wunderbar packend erklang der straffe Schlusssatz in einer Farbigkeit, wie sie bei Ravel vor allem mit den präzise ausgespielten schnellen Sätzen zum Thema werden sollte.

Besonders überzeugte das Ensemble mit der Meisterschaft, den Quartettsatz in spannend austarierte Proportionen zu setzen und so eine harmonische Schlüssigkeit zu zaubern, die bis zum letzten Ton der gezupften Bartók-Zugabe (aus Streichquartett Nr. 4) in perfekter Balance gehalten wurde. Brahms' B-Dur-Streichquartett op. 67 kam im Bosco auch ohne die dunkle, zähe Masse der deutschen Romantik aus: Wie wohltuend wirkten doch die leichten und flotten Hornmotive im Kopfsatz, wie berührend das sensible Andante von leidenschaftlicher Intensität. Sie fand in der solistischen Bratschenstimme des dritten Satzes ihre Fortsetzung. Ein packender, frisch-farbiger Schlusssatz entfachte noch einmal viel Temperament - auch beim Publikum.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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