Gauting:Erst kommt der Bagger, dann die Rechnung

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Die Arbeiten am ersten Bauabschnitt sind abgeschlossen, jetzt wird abgerechnet. (Foto: Nila Thiel)
  • Die Anlieger der Münchner Straße und Planegger Straße sollen die Hälfte der Kosten übernehmen.
  • Ausschlaggebend für die Höhe der Rechnung sind Größe und Nutzung des Grundstücks.
  • Die nächste Baumaßnahme ist in der Ammerseestraße geplant.

Von Michael Berzl, Gauting

Eine Million Euro kosten die neuen Gehsteige und die Lampen an der im vergangenen Jahr ausgebauten Ortsdurchfahrt von Gauting. Etwas mehr als die Hälfte dieser Kosten müssen die Anwohner übernehmen; die ersten Bescheide haben sie noch vor Weihnachten erhalten. Zahlungsaufforderungen erhalten aber nicht nur Eigentümer von Wohnungen und Grundstücken an der Münchner Straße, wo die Arbeiter bis zum Herbst tatsächlich gebuddelt und asphaltiert haben. Bezahlen sollen auch Anwohner der Planegger Straße, die zwar ebenfalls ein Teil der Ortsdurchfahrt ist, wo gar nichts geschehen ist und in absehbarer Zeit auch kein Ausbau vorgesehen ist. Einige von ihnen wehren sich und haben Rechtsanwälte eingeschaltet.

Dabei waren sie gewarnt. Bei einer Versammlung im vergangenen Juni hat die Inhaberin eines Abrechnungsbüros in Augsburg Anliegern angekündigt, auf was sie sich gefasst machen müssen. Ulrike Peter hat im Auftrag der Gemeinde die Aufgabe übernommen, die Beiträge auszurechnen und die entsprechenden Bescheide zu verschicken.

Gerade in einem Gebiet wie an der Münchner Straße ist das ziemlich kompliziert. Zunächst sind die Grundstücksgrößen ausschlaggebend, aber es spielen auch andere Faktoren eine Rolle; eine gewerbliche Nutzung beispielsweise macht die Sache teurer. So muss der Inhaber einer Tankstelle mehr bezahlen als der Eigentümer eines Grundstücks mit einem kleines Häuschen und einem großen Garten. Die Ausbaubeiträge liegen in einer Größenordnung von weniger als hundert Euro für eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus bis zu mehreren Tausend Euro für ein größeres Firmengrundstück. Ein paar Rechenbeispiele hatte Peter auch zum Infoabend mitgebracht.

Den Anwohnern der Planegger Straße hatte die Abrechnungsspezialistin außer der schlechten Nachricht, dass sie ebenfalls bezahlen sollen auch noch die juristische Begründung und Gerichtsurteile dazu mitgebracht. Für den "Gegenstand einer beitragsrechtlichen Anlage", wie das im Fachchinesisch heißt, ist demnach der "Gesamteindruck" entscheidend. Und nach diesem Gesamteindruck beginnt nach ihrer Darstellung die Anlage am Hauptplatz bei der Würmbrücke und endet beim Friedhof. Die gesamte Strecke ist eineinhalb Kilometer lang, knapp 900 Meter davon wurden ausgebaut. Wenn mindestens ein Viertel einer Straße ausgebaut wird, dürfe die Gemeinde dafür Anliegerbeiträge kassieren, argumentiert Peter und beruft sich dabei auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Widersprüche gibt es dennoch.

"Mir erschließt sich das überhaupt nicht, warum Münchner und Planegger Straße eine Einheit bilden sollen und die Starnberger Straße nicht dazuzählt", moniert einer der Beschwerdeführer. "Ich habe den Eindruck, dass die Gemeinde die finanzielle Belastung auf möglichst viele Schultern verteilen will", sagt der 62-Jährige Diplom-Ingenieur, der namentlich nicht genannt werden will. Laut Bescheid sollte er eine Abschlagszahlung von 1150 Euro leisten, doch jetzt hat er erstmals einen Rechtsanwalt eingeschaltet und Widerspruch eingelegt. Und damit ist er nicht der einzige.

Eine vor zwölf Jahren beschlossene Satzung ermöglicht der Gemeinde bei solchen Ausbauten den Griff in die Haushaltskasse ihrer Bürger. Eine Kommune müsste finanziell schon sehr gut dastehen, wenn sie auf diese Einnahmequelle verzichten wollte; auch das ist mittlerweile per Gerichtsurteil geklärt. Im Fall der Münchner Straße bezahlt die Fahrbahn selbst ohnehin komplett die öffentliche Hand, nur die Kosten für Weg, Beleuchtung und Grünflächen müssen sich Gemeinde (45 Prozent) und Anwohner (55 Prozent) teilen. In diesem Jahr wird die Fahrbahn am Münchner Berg bis zum Ortsrand erneuert. Da dort die Gehwege nicht betroffen sind, bleiben die Anwohner verschont.

Bisher kassiert das Augsburger Büro eine Abschlagszahlung, die Arbeiten sind ja noch nicht abgeschlossen. Kostenschätzungen eines Gräfelfinger Ingenieursbüros und der Bayernwerke dienen als Grundlage für die Berechnungen. Der Rest folgt nach Abschluss der Arbeiten. Das Thema Straßenausbau ist damit in Gauting aber noch lange nicht abgeschlossen. Auch die Anlieger der Ammerseestraße müssen sich darauf einstellen, dass sie zur Kasse gebeten werden; doch bis es soweit ist, vergehen wohl noch mindestens drei Jahre.

© SZ vom 19.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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