Gauting:Ehelicher Disput am Flügel

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Gastiert immer wieder mal im Kulturhaus Bosco: Pianist Adrian Oetiker, hier zusammen mit seiner Frau Paola de Piante Vicin. Das Ehepaar lebt in Gauting. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Paola de Piante Vicin und Adrian Oetiker spielen vierhändig Musik von Schubert bis Debussy

Von Reinhard Palmer, Gauting

Vierhändiges Klavierspiel ist eine besondere Disziplin. Zum einen kommen sich die Duopartner sehr nahe, bisweilen sind Verrenkungen nötig, um sich in der Enge nicht gegenseitig zu behindern. Zum anderen ist ein extrem homogenes Spiel nötig, um die als instrumentale Einheit konzipierten Werke dramaturgisch unter einem klar formulierten Spannungsbogen aufzubauen. Nachdem Paola de Piante Vicin aus Padua einst ihr Meisterklassendiplom beim Schweizer Pianisten Adrian Oetiker ablegt hatte und eine Ehe daraus wurde, standen die Chancen gut, beim Heimspiel der beiden Neu-Gautinger im Bosco eine solche Homogenität zu erleben.

Dabei strebte das Duo keine allzu sensible oder gegenseitig nachsichtige Einigkeit an, es rang vielmehr miteinander um gemeinsamen Ausdruck. Zumal beide Pianisten keine zaghaften Gemüter sind. Hart angeschlagene, donnernd große Akkorde gehörten jedenfalls genauso zum Vokabular wie einfühlsam ausgesungene Melodien. Das Programm war denn auch auf eine große Spannweite des Ausdrucks und der musikalischen Charakterisierung ausgelegt, zudem in der Komponistenreihenfolge Grieg, Schubert, Debussy und Mendelssohn darauf bedacht, jedes Werk aus ungewohnter Perspektive anzugehen. Dennoch wurden Beziehungen jeweils der Werkpaare der beiden Konzerthälften deutlich, insbesondere zwischen Griegs "4 Norwegischen Tänzen" op. 35 und Schuberts "Divertissement à la hongroise" op. 54 in den überraschenden Wechseln der Stimmungen, die bei Grieg schon im Kopfsatz zwischen furioser Kraft und mysteriöser Verhaltenheit zu pendeln vermochten.

Auffällig, dass in drei Werken des Programms die Schlusssätze besonders ausgedehnt und von weitem Gestaltungsspektrum gekennzeichnet waren. Schon in Griegs Allegro molto kam daher ein rhapsodischer Ansatz zustande, den das Duo mit klar voneinander abgesetzten motivischen Abschnitten - von Sinnieren über Leichtigkeit und verdüsterte Lyrik bis zum kraftvoll-fulminantem Finale - deutlich exponierte. Gelegentlich wurde der Spannungsbogen auch einem Dehnungstest unterzogen. Etwa im Schluss-Allegretto des Divertissements von Schubert, wo bisweilen donnernde Kraftausbrüchen mit filigran perlenden Rücknahmen kontrastiert wurden. Es ging aber auch sanfter zu, etwa wenn sich synkopiert leichte Passagen zum Melodiösen hin wandelten.

Solche Wechselwirkungen suchte das Duo de Piante Vicin und Oetiker auch im Allegro brilliant aus op. 92 von Mendelssohn. Genauso wenig wie Grieg eine nordische Elegie aufgesetzt bekam, sollte auch Debussy nicht im diffusen Dämmerlicht versinken. Seine "Six épigraphes antiques" lebten von einer entschiedenen, farblich wie atmosphärisch eindeutig definierten Form, die ohne Pedal-Verschwommenheit auskam. Und das tat den musikalischen Bildern gut. Das Publikum zeigte sich begeistert und bekam einen heiter bewegten slawischen Tanz aus op. 72 von Dvořák zur Belohnung.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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