Garatshausen:Reizvolles Spiel mit dem Spiegel

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Von Reinhard Palmer, Garatshausen

Das Konzept verrät das geschärfte Profil des Veranstalters: Nicht die Musik hat sich den Raum gesucht, sondern der Raum die Musik. Auf diesen einfachen Nenner lässt sich die Idee für "KunstRäume am See" von Elisabeth Carr herunterbrechen. Doch die Möglichkeiten sind dabei enorm, stehen doch die ausgewählten Räume in vielfältigen Kontexten: historisch, topografisch, architektonisch, gestalterisch und symbolisch.

Im Schloss Garatshausen, heute eine Seniorenpflegeeinrichtung, konnte Gunter Pretzel aus dem Vollen schöpfen: Für das Programm des Bratschers der Münchner Philharmoniker mit der einstigen Bratscherin des Pellegrini Quartetts, Charlotte Walterspiel, bot sich das Spiegelkabinett geradezu als Inspirationsquelle an. Einerseits als Vanitas-Symbol der Eitelkeit, andererseits als Wahrheitssager - oder auch Wahrsager.

Im Programm "Metamorphosen und Spiegelspiele" brachte Pretzel zumindest andeutungsweise diese Aspekte unter. In philosophischer Hinsicht mit musikalischen Selbstreflexionen angesichts von Bachs Präludium der Cello-Suite G-Dur: Wolfgang Andreas Schultz konzipierte sein "Selbst-Portrait mit Bachbildnis" im Kontrast von sinnierender Bezugnahme auf Bach zu expressiven Ausbrüchen in dissonanter Schärfe. Peter Michael Hamels spannungsgeladenes "Bachbetrachten" mit Einwürfen des Bach-Präludiums als ferne Echos changierte nach brachialem Einstieg zwischen mystischer und aufreibender Charakteristik. In geradezu japanischer Kargheit hatte sich Peter Kiesewetter das Thema "Eco" (Echo) vorgenommen: eine stille, zarte, hintersinnige Spiegelung des Vordergründigen.

Um Spiegelungen in der Werkkonzeption an sich ging es in einigen Raritäten großer Komponisten: Dreht man die Notenblätter der "2 Spiegelkanons" von Mozart einfach auf den Kopf, liefern sie die Stimme für die zweite Viola. Max Reger hat in "Spiegelkanon und Kanon" die Noten an einer horizontalen Achse gespiegelt und zeitlich versetzt. Cornelius Hirsch lässt in "Luft taut Hautduft" das Werk ab der Mitte rückwärts zum Anfang zurückspielen. Das Prinzip visualisierten die Interpreten mit Bewegung im Raum. Eher den Metamorphosen waren "Lament" von Frank Bridge mit Wechseln zwischen unisono und Mehrstimmigkeit sowie "Libertango" von Astor Piazzolla zuzurechnen. Begeisterter Applaus.

© SZ vom 30.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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