Folgen der Hitze:Erfrischung heiß begehrt

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Ventilatoren sind ausverkauft, Händlern gehen die Getränke aus - und Kliniken verzeichnen immer mehr Kollapspatienten: eine Bilanz der Hitze der vergangenen Tage.

Julia Stürzl

"Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen." Das kollektive Klagen der Deutschen über verregnete Sommer scheint sich nun zu rächen. Doch die anfängliche Freude schlägt langsam in Verzweiflung um. Erfrischung muss her! Und so bringen die extrem hohen Temperaturen einigen Branchen zwar ein deutliches Umsatzplus - die Nachfrage explodiert nämlich regelrecht. Aber inzwischen kommt so manches Geschäft mit der Lieferung nicht mehr nach.

Derzeit Mangelware: Ventilatoren im Landkreis. (Foto: Marco Einfeldt)

"Zwischendurch sind uns manche Getränke schon mal ausgegangen. Aber jetzt ist wieder genügend da", erklärt Erwin Dieser, der im Getränkeladen Toom in Gilching arbeitet. Vor allem Mineralwasser, Zitronenlimo und Radler seien momentan gefragt. Auch Wolfi's Getränkeladen in Gauting macht dank der hohen Temperaturen bis zu 45 Prozent mehr Umsatz, bestätigt Besitzer Wolfgang Gundacker.

Der Durst lässt auch den Trinkwasserverbrauch um fast 30 Prozent klettern, wie Klaus Krüger vom Würmtal Zweckverband erklärt. Eine besonders leckere Art, sich zu kühlen, ist natürlich Eis. Simone Mori ist sei 15 Jahren Besitzer des Eiscafés Ghiotto in Seeshaupt. Um dem Appetit seiner Gäste auf besonders erfrischende Sorten zu stillen, lässt er sich immer Neues einfallen. Abgesehen von den gefragten Klassikern wie Zitrone und Erdbeer findet man unter den 30 hausgemachten Sorten auch Ingwer-Limette oder Orange-Thymian.

Zum Eis essen haben die Stadtgärtner in diesen Tagen garantiert keine Zeit. Bereits um 5 Uhr morgens beginnt ihr Tag, um die zahlreichen öffentlichen Grünflächen zu bewässern, erzählt Starnbergs Stadtsprecher Karl-Heinz Springer.

Nicht nur innere, auch äußere Erfrischung wird gesucht: Wer keine Zeit hat, an den See zu fahren, stürmt die heimischen Elektronikläden, um sein Zuhause mit Ventilatoren und Klimaanlagen auszustatten. In vielen Elektromärkten sind diese jedoch bereits ausverkauft, auch "Expert" in Lochham ist betroffen, wie Verkaufsleiter Manfred Rieder bestätigt: "Die Industrie kann die plötzliche Nachfrage nur schwer decken, es werden zwar tröpfchenweise Geräte nachgeliefert, aber lange nicht genug."

Die Hitzewelle trifft aber nicht nur Unternehmer, sondern auch viele Menschen offenbar ziemlich unvorbereitet. Die Leute trinken zu wenig oder schützen sich nicht genügend vor der Sonne. "Es lässt sich ein deutlicher Anstieg der Einlieferungen wegen Kollapszuständen durch Sonnenstich oder niedrigen Blutdruck feststellen", bestätigt Professor Peter Trenkwalder, Chef der Inneren Medizin am Klinikum Starnberg. Es seien aber nicht nur ältere Leute betroffen, auch viele junge Menschen würden sich beim Sport einfach überschätzen.

"Die Temperaturen sind diesen Sommer ungewöhnlich hoch", sagt Wolfgang Fricke vom Meteorolgischen Observatorium am Hohenpeißenberg. Man sei auf gutem Weg, den Rekordsommer von 2006 zu übertreffen. Die ersten zwölf Tage im Juli seien nur im Jahr 1952 heißer gewesen als jetzt. Nicht nur die Krake Paul kann Vorhersagen treffen, auch die Siebenschläferregel scheint sich zu bewahrheiten. Denn laut Wetterprognosen bleibt es bis Mitte August so schön. Firmenchefs können also ruhig Nachschub bestellen, die Sonne heizt die Nachfrage auch weiterhin an.

© SZ vom 14.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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