Feldafinger Kasernenareal:Das Büro der Zukunft - eine Couch

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Die Sturmblockhäuser auf dem Feldafinger Kasernenareal bieten die Chance, ein Gründerzentrum einzurichten. Eine Idee, die Feldafings Bürgermeister Bernhard Sontheim begeistert. In vier Jahren könnte der Umbau beginnen

Von Otto Fritscher, Feldafing

Wohnraum ist im Landkreis Starnberg extrem teuer. Aber auch Unternehmen tun sich schwer, bezahlbare Gewerbe- und Büroflächen zu finden. Gerade kleine Firmen oder Start-ups brauchen keine großen Büros, wie sie zumeist angeboten werden. Diese "Wissensarbeiter", wie Wirtschaftsförderer Christoph Winkelkötter solche Gründerfirmen nennt, benötigen oft nur einen Arbeitsplatz mit Internetanschluss, sowie "Kaffee ohne Ende", wie Klaus-Peter Stiefel vom Fraunhofer-Institut für Arbeitsorganisation an diesem Montagnachmittag im Feldafinger Bürgersaal referiert. Es geht um "Coworking", eine neue Arbeitsweise, für die Stiefel ausgewiesener Experte ist. Er will speziell den Feldafingern Coworking näherbringen, denn in diesem Ort geht es um die große Frage, was auf dem Areal der Fernmeldeschule der Bundeswehr künftig geschehen soll.

Nur vier Jahre sind es noch, bis die Bundeswehr allem Anschein nach aus der Feldafinger Fernmeldeschule in die Pöckinger Maxhof-Kaserne umziehen wird. Die Überlegungen, wie diese etwa 30 Hektar große Fläche danach zivil genutzt werden kann, nehmen langsam Konturen an. Es soll eine "campusartige Bebauung" mit einer gemischten Nutzung aus Forschung, speziell im Gesundheitsbereich, Arbeiten, Wohnen und Erholung entstehen, sagt Feldafings Bürgermeister Bernhard Sontheim. Und in den denkmalgeschützten Sturmblockhäusern könnte eben ein Gründerzentrum für Start-ups eingerichtet werden, so die neue Idee. Eine Chance für Coworking also. Das hieße in der Praxis: kleine Teams, die in wechselnder Besetzung an Projekten arbeiten, eine Büroausstattung, die gestellt wird, und Kaffee bis zum Abwinken. Die neue Arbeitsweise, wie sie bisher vor allem in Großstädten betrieben wird, manifestiert sich laut Stiefel auch in der Möblierung der Büros. "Wenn man sich auf Büromöbelmessen umschaut, sieht man inzwischen mehr Couchen als Schreibtische", erklärt Stiefel den verdutzten Zuhörern. Und in seiner Präsentation über Coworking Places, die es offenbar schon überall auf der Welt, aber noch nicht in Feldafing gibt, fällt oft das Wort "cool". So gibt es etwa in manchen Zukunftsbüros eine altmodische Telefonzelle, in der dann mit dem Handy telefoniert werden darf, ohne die anderen in ihren kreativen Gedankengängen zu stören.

Winkelkötter bringt das Thema wieder auf die wirtschaftliche Dimension zurück: "Wir müssen verhindern, dass diese kleinen Start-ups, von denen es viele im Landkreis Starnberg gibt, nach München abwandern", sagt er. Seiner Meinung nach bieten die Sturmblockhäuser eine sehr gute Möglichkeit dafür, ein Gründerzentrum einzurichten. Die acht Gebäude aus der Nazi-Zeit stehen allerdings unter Denkmalschutz. "Das Denkmalamt hat aber die Bereitschaft signalisiert, uns in bestimmten Bereichen entgegenzukommen", weiß Bürgermeister Sontheim. Denn es ist klar, dass die alten Gemäuer zumindest technologisch auf den neuesten Stand gebracht werden müssten.

Doch das gerade von der Wirtschaftsfördergesellschaft gfw propagierte "Co-Prinzip", wie es Konversionsmanagerin Katharina Winter nennt, soll nicht nur auf dem dann zivil genutzten Kasernenareal praktiziert werden. Gerade in der Kreativwirtschaft, die im Landkreis stark vertreten ist und die einen beträchtlichen Wirtschaftsfaktor darstellt, könne gemeinsames Arbeiten die Wertschöpfungskette im Landkreis verlängern, also verhindern, dass Aufträge oder Projekte nach irgendwohin wandern.

Allerdings gibt es auch beim Coworking Risiken, wie Sontheim bemerkte. "Das Coworking klingt ja wie der Love-and-peace-Ansatz der 68-er. Was ist aber, wenn man einen Stinkstiefel dabei hat, der sich nicht einordnen will?" Darauf wusste indes auch Stiefel keinen Rat: "Damit muss man irgendwie umgehen", sagte er.

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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