Feldafing:Ohne Kraftmeierei

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Sprach vor dem "Forum Feldafing" über Heimat und Migration: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Danach trug er sich ins Goldene Buch der Gemeinde Feldafing ein. (Foto: Georgine Treybal)

Innenminister Joachim Herrmann referiert beim Verein "Forum Feldafing" über Heimatgefühle und Flüchtlinge

Von Otto Fritscher, Feldafing

Gut gelaunt ist er, auch wenn er eine gute halbe Stunde zu spät kommt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann steigt schwungvoll aus der schwarzen Limousine, schüttelt Bürgermeister Bernhard Sontheim kräftig die Hand und geht dann behänden Schritts in den Bürgersaal, wo schon gut 120 Zuhörer auf ihn und seine Rede zum Thema "Bayern - Heimat zwischen Tradition und Migration" warten. Doch halt, bevor es losgeht, muss noch schnell "die liebe Ute" herzlich begrüßt werden, wie er die Landtagsabgeordnete Ute Eiling-Hütig nennt. Es ist ein kontrovers diskutiertes Thema, das der überparteiliche Verein "Forum Feldafing" dem Minister zu dessen Geburtstagsrede gestellt hat, denn die Einladung erfolgte anlässlich der 900-Jahr-Feier der Gemeinde.

Manuela Pietraß, Vorsitzende des Forums, macht sich einleitend Gedanken zum Thema Heimat, während Sontheim auf die Historie und den Umbau des traditionsreichen Bahnhofs in das Rathaus in den Vordergrund stellt. Ein Hinweis, den Herrmann gleich mal aufgreift, und der Gemeinde gratuliert, denn "Denkmäler sollen ja nicht nur in der Gegend rumstehen, sondern zum Wohnen und Arbeiten genutzt werden". Sanft steigt Herrmann dann in die Thematik Heimat und Flüchtlinge ein, rhetorische Kraftmeierei, wie sie zuletzt von der CSU-Klausurtagung in Schwarzenfeld zu vernehmen war, ist ihm an diesem Abend fremd. "Je mehr die Globalisierung um sich greift, desto größer ist bei vielen Menschen die Sehnsucht nach Heimat", sagt Herrmann, und verweist auch darauf, dass Xenophobie, die Angst vor Fremden, schon im alten Griechenland, bei Homer, ein Thema war.

Dann geht Herrmann zur aktuellen Politik über. Er habe in Berlin ein Einvernehmen festgestellt, dass es "heuer nicht wieder mehr als eine Million Zuwanderer werden darf". Die logische Konsequenz daraus sei die Frage: "Wie viele dann?" Eine Zahl, eine Obergrenze, wolle er aber "heute bewusst nicht nennen". Klar sei nur, dass in Bayern mehr als 150 000 Flüchtlinge angekommen seien, eine Stadt größer als Regensburg. "Da geht es bei der Integration nicht nur um die erste Unterbringung, sondern um die Integration, um Schulen, Wohnungen und Arbeitsplätze. Das wird in Zukunft noch Riesenanstrengungen und Rieseninvestitionen erfordern." Ein weiterer Zuzug in dieser Größenordnung, "das kann nicht funktionieren, denn unseren Hilfsmöglichkeiten sind Grenzen gesetzt", sagt der Innenminister, der neue, schärfere Gesetze offenbar ablehnt, sondern stattdessen auf den europaweiten konsequenten Vollzug geltender Vorschriften und immer wieder den "gesunden Menschenverstand" verweist.

Zwar könne man nicht, so Herrmann, "in jedem, der zu uns kommt, ein Problem sehen", aber wachsam müsse der Staat dennoch sein. "Denn Multikulti funktioniert auf die Dauer nicht, wenn jeder machen kann, was er will." Es gebe "Verbindliches für alle", und dann nennt Herrmann ein Beispiel: "Im Koran steht nicht, dass Mädchen nicht am Schwimmunterricht teilnehmen dürfen. Wir müssen in simplen Fragen des Alltags konsequent sein, sonst gelingt die Integration nicht." Zum Abschluss trägt sich der Innenminister in das Goldene Buch der Gemeinde ein. "Herzlichen Glückwunsch zu diesem feudalen und interessanten Rathaus", schreibt er, was Bürgermeister Bernhard Sontheim sichtlich freut. Auf dem Vorplatz wartet schon die Limousine, noch eine Frage zum Positionspapier der CSU, das einen Vorzug für Flüchtlinge mit christlichem Hintergrund fordert: "Mal schauen", sagt Herrmann.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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