Feldafing:Lebende Jazz-Historie

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Sie bildeten den Abschluss der Winterspielzeit von "Jazz am See" in Feldafing: Don Menza und seine Musiker. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Saxophonist Don Menza und seine drei Musiker begeistern ihr Publikum bei "Jazz am See" im Feldafinger Bürgersaal

Von Reinhard Palmer, Feldafing

Es war schon eine besondere Ehre, dass Saxophon-Legende Don Menza mit dem Quartett-Konzert bei Jazz am See im Bürgersaal Feldafing seinen 81. Geburtstag feierte. Eine Flasche Birnenschnaps aus heimischer Destillerie ließ sich der Verein Jazz am See diese Zuneigung kosten. Natürlich feierte Don Menza hier vor ausverkauftem Bürgersaal mit Musik, aber nicht nur. An so einem Tag rollt man gerne die Geschichte des Jazz auf, wenn man sie schon selbst mitgeformt hat. Und welcher Jazzanhänger würde diese Anekdoten und privaten Episoden nicht gerne hören?! Etwa aus der Münchner Zeit zwischen 1964 und 1968, als der Saxophonist in Max Gregers Big Band mitspielte und dabei auch Deutsch lernte. Einige Happen davon waren noch abrufbar. Nach Deutschland kam Donald Menza allerdings schon viel früher, als er ab 1956 in der 7. Army Jazzband in Stuttgart seinen Militärdienst leistete. In Feldafing zog er es vor, in seinen Erzählungen noch weiter zurückzugehen, in die Kindheit und Jugend in Buffalo (New York), wo der Beruf des Musikers nicht gerade als eine anständige Art des Broterwerbs galt. Aber offenbar war es gerade das "unanständige" Leben des Jazzmusikers, das den jungen Menza dazu antrieb, sich gegen alle Widerstände durchzusetzen und Vorbildern wie Coleman Hawkins oder Sonny Rollins zu folgen. Größen wie Buddy Rich, Elvin Jones, Natalie Cole, Pat Boone, Louie Bellson und Leonard Cohen sollten bald seinen kraftvollen, satten Ton zu schätzen lernen. Den er sich bis heute bewahrt hat, obgleich er eine enorme körperliche Anstrengung fordert.

Dass Menza in der Zeit des Übergangs vom Swing zum Bebop seine ersten musikalischen Schritte tat, ist seiner Musik bis heute anzumerken. Wie auch die vom österreichischen Schlagzeuger Bernd Reiter zusammengestellte Band mit dem Franzosen Vincent Bourgeyx am E-Piano und dem aus Philadelphia stammenden (streichenden wie zupfenden) Kontrabassisten Darryl Hall beherzigte, ging es aber Don Menza darum, beide Stilrichtungen zu vereinen. Er nahm den konsequenten Drive, das hastige Immer-weiter-Treiben des Bebop und verband dies mit der lustvoll-wogenden, nostalgischen Note des Swing zu einer fulminant ausschweifenden, klanglich satten Stilistik, die sich vor allem durch eine enorme Intensität auszeichnet. Auf diese Weise ist Menzas Bebop entspannter, steht weniger unter Strom. Dafür besticht er vor allem durch melodiösen Gesang und gönnt sich eine reichere Differenzierung, selbst im rasenden Quasi-Glissando der Soli. Dieser Zugriff hat gewiss auch damit zu tun, dass der Saxophonist - auch Klarinettist und Flötist - über eine reichhaltige Big-Band-Erfahrung verfügt und die orchestralen Ausprägungen in seine Musik einbezieht. Big Bands von Maynard Ferguson, Stan Kenton sowie Kenny Clarke und Francy Boland prägten seine Entwicklung. Als Mitspieler bei Max Greger sowie im Jazzensemble des Bayerischen Rundfunks festigte er seine Position auch im europäischen Jazz. Nicht zuletzt durch die legendären Jamsessions im Schwabinger Club Domicile.

Das Don Menza Quartet nahm sich in Feldafing viel Zeit für jeden Titel, und kostete die jeweiligen Potenziale großzügig aus. Das räumte den Soli viel Raum für weite dramaturgische Entwicklungen ein, was die großartigen Musiker für enorme Steigerungen und Intensivierungen nutzten, ohne das Ausgangsthema aus den Augen zu verlieren. Von besonderem Reiz dabei das Dialogisieren vor allem zwischen Hall und Reiter, zumal der Schlagzeuger klingende Trommeltöne zu Themen und Motiven arrangierte. Der sinnenfreudige Zugriff fand gerade in Filmmusiken wie etwa "You, my Love" aus "Young at Heart" von 1954 ideales Material. In Blues changierend kam gerade darin starke Emotionalität ins Spiel. Einen großartigen Abschluss lieferte Menzas Calypso "Sonny Days" mit hinreißender Heiterkeit.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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