Feldafing:Günstige Hebesätze, gute Geschäfte

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Die Zufahrt steht schon, die Firmen sind noch nicht da: Bei der Einrichtung des Gewerbegebiets in Wieling waren viele Planungshürden zu nehmen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Unternehmen freuen sich über vergleichsweise niedrige Gewerbesteuer im Oberland, doch niedrig ist nicht günstig genug

Von Otto Fritscher, Feldafing

Also ist es doch wieder mal so, dass es in Bayern besser ist als anderswo in der Republik: Diesmal profitieren die Unternehmer - und zwar von den Gewerbesteuer-Hebesätzen, die in Bayern niedriger sind als im Bundesdurchschnitt. Und im Oberland, der Gegend also zwischen Starnberg und den Alpen, ist die Steuerbelastung der Firmen nochmals geringer als in vielen Gegenden Bayerns. Eigentlich ein Grund zu jubeln. Doch natürlich ist es wieder so, dass der Wirtschaft "gut" allein nicht gut genug ist. In diesem Fall will die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) in einer Untersuchung herausgefunden haben, dass "die Kommunen letztendlich umso mehr Gewerbesteuer einnehmen, je niedriger die Hebesätze sind".

Dabei möchte sich die vbw - bei diesem Pressegespräch am Mittwochvormittag in Feldafing vertreten durch Albrecht Schleich, Vize-Vorsitzender der vbw-Bezirksgruppe München-Oberbayern - natürlich nicht verrechnet oder gar die Regeln der Mathematik auf den Kopf gestellt haben. "Es geht darum, dass Gemeinden, die über einen längeren Zeitraum günstige Hebesätze haben, für die Unternehmen attraktiv sind und bleiben", sagte Schleich. Was wiederum neue Unternehmen bewege, sich in diesen Orten anzusiedeln - und siehe da: Die Steuereinnahmen steigen.

Im Oberland, also in den Landkreisen Starnberg, Fürstenfeldbruck, Weilheim Bad Tölz und Garmisch, sind laut dieser Erhebung die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von 190 Millionen Euro im Jahr 2003 auf 381 Millionen im vergangenen Jahr gestiegen - eine Verdoppelung. Spitzensteuersätze müssen Unternehmen etwa in Hamburg mit 470 Punkten zahlen, in Bayern liegt der Durchschnitt bei 377 Punkten, und im Oberland gar bei "phänomenal niedrigen 329,4 Punkten", so Schleich.

Doch die Höhe der Gewerbesteuer ist nicht der einzige Punkt, der für Unternehmer bei einer Standortentscheidung zählt. Jürgen Müller, Geschäftsführer der Paritec GmbH aus Starnberg, ist mit seinem Unternehmen an drei Standorten im Raum München/Oberbayern vertreten; die Bandbreite der Hebesätze reicht von 250 bis 380 Punkte. "Daraus leiten wir aber keine strategischen Überlegungen ab, da andere Standortfaktoren im Vordergrund stehen", sagte er. Dazu zähle etwa eine gute Infrastruktur in der Kommune, aber auch ein ausreichendes Reservoir von Arbeits- und Fachkräften. "Und die Gemeinden müssen ihr Geld natürlich sinnvoll ausgeben." Andreas Bulic, Chief Financial Officer (CFO) der 328 Support Services GmbH aus Weßling, wiederum sah die Gewerbesteuer unter einem anderem Aspekt: Seine Firma gehört zu einem amerikanischen Konzern mit einer europäischen Holding mit Sitz in Großbritannien. International tätige Firmen können bekanntlich leicht mit Steuern jonglieren. "Wir müssen gegenüber der Muttergesellschaft genau erklären, warum ein im internationalen Vergleich hohes Steueraufkommen durch regionale Infrastrukturangebote den Standorterhalt weiter rechtfertigt", erklärte er.

Für Starnbergs Bürgermeisterin Eva John ist klar, dass "erfolgreiche Unternehmen der Grundpfeiler erfolgreicher kommunaler Entwicklung sind durch ihre Steuern und die Arbeitsplätze." Ihr Feldafinger Kollege Bernhard Sontheim wies auf die weichen Standortfaktoren wie eine intakte Umwelt hin. Und er sagte, dass "viele gute Ideen nicht am Schreibtisch, sondern anderswo - etwa beim Spazierengehen - entstehen. Und dafür ist Feldafing super geeignet." Er wies aber auch darauf hin, wie schwierig es sei, neue Flächen für interessierte Firmen zu schaffen. "Das kann doch nicht sein, dass es acht Jahre dauert, bis ein neues Gewerbegebiet durch das Planungsverfahren ist, bloß weil mal ein paar Tröpferl Wasser durch das Gebiet laufen können." Er meinte damit das neue Gebiet in Wieling.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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