Feldafing:Abschied von Thomas Mann

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Dirk Heißerer im Villino. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Ausstellung zieht in die Tölzer Stadtbibliothek. Ende September soll es eine Abschlussparty im Villino geben, bei der Liebhaber Restbestände der ausgestellten Bücher kaufen können.

Von Carlotta Cornelius, Feldafing

Letzter Akt im Drama um das Feldafinger Villino: Bis Ende September müssen die Räume im Thomas-Mann-Haus nach einer unerwarteten Kündigung durch das von der Artemed-Gruppe betriebene Benedictus-Krankenhaus geräumt sein. Die Klinik will das Haus vornehmlich für die Unterbringung der zugehörigen Artemed-Stiftung nutzen. Eine Ausstellung über Thomas Mann, der dort zwischen 1919 und 1923 an seinem "Zauberberg" schrieb, soll nach dem Umbau im nächsten Jahr in mindestens einem der Räume eingerichtet werden. Von der Dauerausstellung, die dort seit 1999 zu sehen ist und seither von dem Literaturwissenschaftler, Autor und Vorsitzendem des Münchner Thomas-Mann-Forums, Dirk Heißerer, geleitet wird, soll nach aktuellem Stand dagegen wenig bleiben.

Heißerer, der von der Kündigung überrumpelt wurde, ist mittlerweile wieder guter Dinge. Seine größte Sorge, keine Lagermöglichkeiten und Ausstellungsräume für das Museumsinventar zu finden, ist passé. Vom Oktober an werden die meisten Ausstellungsstücke in einem eigens eingerichteten Thomas-Mann-Raum in der Bad Tölzer Stadtbibliothek zu sehen sein. Dort steht auch das erste Haus Manns, das heute dem Orden der Armen Schulschwestern als Gästehaus dient. Heißerer vergleicht das Angebot aus dem Oberland mit einem Sechser im Lotto. "Wir hatten sensationelles Glück", sagt er. Auch Frido Mann, Sohn des Literaturnobelpreisträgers, wird bei der Eröffnung im Herbst dabei sein.

Während das Inventar zu großen Teilen nach Bad Tölz umzieht, bleibt davon im Villino nichts. "Das Haus wird genauso leer sein, wie wir es damals von der Bundeswehr übernommen haben", sagt Heißerer. So war das Villino bis 2012 noch das "weltweit einzige literarische Museum auf Kasernengelände". Dass durch die Stiftungsnutzung wieder mehr Leben in das Haus kommen soll, begrüßt Heißerer, die Kündigung sieht er jedoch als von langer Hand geplant. "Unser Nutzungsvertrag wurde nach der Übernahme des Geländes durch die Klinik anstandslos verlängert. Bis plötzlich die Artemed-Stiftung neue Räume brauchte", sagt er.

Feldafings Bürgermeister Bernhard Sontheim, der dem Museum im vergangenen Jahr ein Grammophon aus Manns Zeiten vermittelte, sieht die Schuld dagegen beim Streit um die Nutzung des Klinikgeländes. "Ursprünglich war geplant, mehrere große Gebäude für Personalwohnungen zu errichten." Nach einem Bürgerbegehren habe der Gemeinderat den Kompromiss gefunden, das Villino als Sondergebiet für Betriebswohnungen auszuschreiben. Eine klinikunabhängige Museumsnutzung erübrigte sich damit. "Im Prinzip ist es der Vehemenz des Bürgerbegehrens Pro Feldafing geschuldet, dass es das Villino bald nicht mehr gibt", sagt Sontheim. Gebäude zur Personalnutzung werden laut Krankenhaus-Geschäftsführer Simon Machnik dennoch errichtet.

"Ich habe das Gefühl, dass das Villino ein Kollateralschaden um die Baugenehmigung des Krankenhauses ist", resümiert Heißerer. Der Zukunft blickt er aber optimistisch entgegen. Am Wochenende des 22. und 23. September soll es eine Abschlussparty im Villino geben, bei der Liebhaber Restbestände der ausgestellten Bücher kaufen können, die nicht mit nach Bad Tölz gehen.

Davor sind neben einigen privaten auch zwei öffentliche Führungen geplant, davon die erste am diesem Sonntag, 15. Juli, von 14 bis 16 Uhr, die zweite, eine Abendführung, am Freitag, 20. Juli. Wie genau es im nächsten Jahr nach dem Umbau des Hauses weitergeht, ist noch unklar. Gespräche zwischen Heißerer und der Artemed Klinik über die geplante Ausstellung sind auf das erste Halbjahr angesetzt. Inwiefern und ob Heißerer noch in zukünftige Projekte involviert sein wird, bleibt offen.

© SZ vom 14.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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