Selbstvermarktung:Der Laden zum Dorf

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In Farchach haben drei Demeter-Bauern schon immer direkt an die Kunden verkauft. Doch in dem vor zwei Jahren eröffneten Geschäft im Assenhauserhof arbeiten die Produzenten zusammen - und Simon und Johanna Mair haben einen Treffpunkt für alle im Ort geschaffen

Von Armin Greune, Farchach

Wein und Traubensaft im Regal sind eine Ausnahme: Sie stammen vom Biowinzer Horst Schmelzer aus dem Burgenland. Ansonsten sind fast alle Produkte, die der Hofladen führt, "Farchner" - wie das eigene, von einem befreundeten Grafiker entworfene Label mit Rinderkopf, Kirchturm, Eiern, Huhn und Getreideähre selbstbewusst verkündet. Sogar auf den angebotenen Zimt trifft das irgendwie zu: Zwar wird das Gewürz in Sri Lanka angebaut, aber die Plantage führt Claire Offermann mit ihren Töchtern Paulina und Carlotta, die zuvor in Farchach gelebt haben. Und ja, der Bio-Kaffee, den Barista Simon Mair aus seiner Maschine presst, stammt aus dem fernen Peru und wurde von der nicht ganz so fernen Murnauer Kaffeerösterei verarbeitet.

Wenn aber, wie gerade jetzt, die Milch ausgeht, bedient sich Mair einfach im Stall nebenan bei seiner Kuh Maja. An diesem Freitagnachmittag wird reichlich Kaffee und Kuchen geordert, seit der Öffnung des Ladens vor zwei Jahren hat er sich zum Dorftreffpunkt entwickelt. Selbst die Tische draußen sind besetzt, obwohl sich die Herbstsonne allmählich rar macht. Auf 90 Prozent schätzt Mair den Anteil der Stammkunden - eigentlich klar, denn zufällig verirren sich kaum Passanten zum Assenhauser Hof am Farchacher Kirchplatz. Wer hier einkauft, weiß die besondere Qualität der Lebensmittel zu schätzen: Alles ist bio, die meisten Produkte erfüllen sogar die strengen Demeter-Richtlinien.

Gute Laune - auch ohne Bierausschank: "Farchner"-Kunden sitzen nach dem Einkauf gerne noch bei Kaffee und Kuchen zusammen. (Foto: Nila Thiel)

Was diesen Hofladen aber im weiten Umkreis erst recht einzigartig macht, ist die Kooperation von drei Demeterlandwirten im Ort. Den Laden führt Simons Frau Johanna, doch auch der Löfflerhof von Michael und Elke Friedinger sowie der Pflegerhof von Toni Galloth und Ulli Obereisenbuchner steuern viel zur ziemlich breiten Produktpalette bei. So finden sich gerade etwa zehn verschiedenen Feldfrucht- und Gemüsesorten sowie Getreide und Haferflocken vom Assenhauserhof im Angebot. Dazu kommen Dinkelnudeln, Sonnenblumenöl und Fruchtaufstriche vom Pflegerhof; der Löfflerhof wiederum liefert etwa Zucchinirelish, Brotaufstriche und Eiernudeln. Die Eier sind eine Stunde nach Ladenöffnung schon wieder ausverkauft - was aber auch kein Problem ist: Die Friedingers haben sicher noch welche übrig und ihren Hof nur drei Häuser weiter, wo 600 Hennen unter den wohl bestmöglichen Bedingungen für gewerbliche Geflügelhaltung leben und nicht nur dahinvegetieren.

In der Frischetheke im Laden liegen Rindersalami und Geräuchertes vom Löffler- und Assenhauserhof. Dort werden auch in der eigenen Käserei neun von zehn angebotenen Rohmilch-Käsesorten handwerklich hergestellt, neben Topfen und Joghurt versteht sich. Maja hat noch neun Stallgenossinen und weitere Kolleginnen im Löffler- und Pflegerhof, deren Milch im Laden erhältlich ist. Der Honig wird in Gut Biberkor geschleudert; zum Sortiment gehören aber auch Kürbisse und Kerzen sowie Bücher und CDs mit Texten von Simons Vater Steffe, dem Farchacher Bio-Pionier. Schon 1970 hatte er den Assenhauser Hof auf biologisch-dynamische Produktion umgestellt und ist dafür lange im Dorf bestenfalls milde belächelt worden. Doch inzwischen sind die alten Gräben überwunden, und der Hofladen steht auch für eine Einigkeit, wie sie gerade unter Bauern eines Dorfs wohl selten zu finden ist.

Wenn dem Barista Simon Mair die Milch für den Cappuccino ausgeht, bedient sich der Biobauer im eigenen Stall bei seiner Kuh "Maja". (Foto: Nila Thiel)

Mairs Mutter Susanne steht oft im Laden, sie und Elke Friedinger liefern Kuchen und Gebäck. Auch Ulli Obereisenbucher bäckt Brot, darüber hinaus arbeitet sie auf 400-Euro-Basis im Geschäft mit. Wie auch Bettina Pfisterer, die ausnahmsweise keine Bäuerin ist: ihr Mann führt mit zwei Brüdern eine Schreinerei in Farchach. Alle vier Nebenerwerbs-Verkäuferinnen und Simon Mair haben in Murnau eine Barista-Ausbildung erhalten, wie er nicht ohne Stolz bemerkt. Was dem hervorragenden Espresso oder Cappuccino auch durchaus anzumerken ist. Alkoholische Getränke werden im Hofladencafé nicht serviert. Aber nach Bierausschank werde immer wieder zumindest scherzhaft verlangt, sagt Mair. Eine Mikrobrauerei fehlt noch im Ort, damit ließe sich wohl noch eine der größten Versorgungslücken im "Farchner"-Sortiment schließen.

Ansonsten können die Kunden im Dorfladen dreimal wöchentlich einen ansehnlichen Teil ihres Lebensmittelbedarfs decken - vorausgesetzt, sie sind immer rechtzeitig zur Stelle. Wird beispielsweise einmal Frischfleisch angeboten, "ist es eigentlich immer in drei Stunden weg", sagt Mair. Noch schneller verkauften sich die "Ziegenkügelchen", eine Frischkäsespezialität des Hauses, die in Kräuter und Öl eingelegt wird. Aber jetzt herrscht ohnehin bis April Mangel an Ziegenkäse: Die acht Assenhauser Geißen stehen den Winter über trocken, nachdem sie kürzlich vom Bock "Renzo" beglückt wurden.

Der Dorfladen hat natürlich trotzdem weiter mittwochs (8.30 bis 12 Uhr), freitags (14.30 bis 18 Uhr) und samstags (8.30 bis 12 Uhr) geöffnet. Am 22. November feiert er das zweijährige Betriebsbestehen. Und natürlich ist auch der Bau selbst fast hundertprozentig "Farchner": Das Holz stammt aus dem Wald des Assenhauserhofs, die Fenster und Türen lieferte die örtliche Schreinerei der Brüder Pfisterer. Nur den Zimmerer holte Mair von "außerhalb": Thomas Wild hat seine Werkstatt in Berg.

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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