Einweihung:Gilching macht's vor

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In nur zwei Jahren entsteht ein neues Rathaus mit Foyer, Bücherei und Veranstaltungssaal. Jetzt ist auch der Streit um die teuren Stühle für die Gemeinderäte vergessen

Von Christian Deussing, Gilching

Mit Blasmusik und dem ersten Satz einer Violinsonate von Beethoven sind am Freitag 170 Gäste, darunter auch aus der Partnergemeinde Cecina, zur Einweihungsfeier des 17 Millionen Euro teuren Gilchinger Rathauses empfangen worden. Dann setzte sich der Entertainer und Pianist Martin Schmitt auf den Klavierstuhl, drehte ihn hoch und grinste von der Bühne herunter in die Gesichter der Gemeinderäte. Er spielte damit auf deren Streit um die Sitzungsstühle an. Doch Schmitt, geübt als Moderator, hielt sich damit nicht lange auf, sondern heizte dem Publikum im Veranstaltungssaal mit Boogie Woogie ein und brachte es mit spritzigen Witzen und Spitzen zum Lachen. So werde Bürgermeister Manfred Walter und sein Team "ab sofort den Bau des Berliner Flughafens übernehmen, Eröffnung ist Montag". Der Pianist verriet zudem, von einer internen Rathaushymne mit dem Titel "Mein Gott, Walter" gehört zu haben.

Der Rathauschef nahm es mit Humor. Er bedankte sich bei den Gemeinderäten und erwähnte das "hervorragende Zusammenspiel" zwischen Projektplanern und Firmen in nur zweijähriger Bauzeit. Walter verneigte sich vor der "Durchhaltekraft" des Architekten Professor Horst Teppert, der gut 30 Jahre nach dem Gewinn des städtebaulichen Wettbewerbs um das neue Bürgerzentrum und die Gilchinger Ortsmitte nun den Rathaus-Schlüssel übergeben konnte. Sämtliche Serviceleistungen befinden sich jetzt unter einem Dach. Laut Walter setzt das zweistöckige Gebäude mit Foyer, Veranstaltungssaal, Bücherei und begrüntem Lesehof "neue Maßstäbe" und bereichert die Gilchinger Kulturszene. Besonders stolz sei er darüber, dass es jetzt neben der Aula im Gymnasium einen zweiten Konzertsaal gebe - was bisher die Landeshauptstadt München nicht geschafft habe. Zu den Gästen gehörte auch Landrat Karl Roth, der sich von dem neuen Rathaus an der Pollinger Straße tief beeindruckt zeigte. Das Gebäude erdrücke nicht, sondern lade die Bevölkerung dazu ein, das Haus zu betreten, befand Roth. Er lobte zugleich die Gemeinde, das alte Rathausgelände zu einem sehr günstigen Preis für den Wohnungsbau freizugeben. Nach einem erneut launigen Song von Schmitt, diesmal über die "Midlife Crisis", kam auch Architekt Teppert zu Wort, der wegen des Bauprojektes insgesamt mit vier Gilchinger Bürgermeistern zu tun und dabei einen langen Atem bewiesen hatte. Zuletzt war der Chefplaner zwar wegen der zunächst zu teuren Stühle unter Druck geraten. Doch die Sache ist erledigt, die neuen Sessel für die Gemeinderäte sind nun viel billiger. Teppert ging auf dieses Thema aber gar nicht erst ein. Der Professor bezog sich vielmehr auf die langwierige Findungs- und Planungsphase seit den achtziger Jahren und meinte dazu: "Lange hat das Baby wachsen müssen, bis es auf die Welt kam." Er sprach zudem von Architektur als "Baukunst", Zukunft und Kreativität und vom effizienten "Null-Energie-Haus", das kein Palast sei.

Mit viel Energie dürften aber die 50 Mitarbeiter ihren Aufgaben im Rathaus nachgehen, auf dessen Dachterrasse man auch zu Mittag essen kann.

© SZ vom 15.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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