Ein Scherz und viel Kritik in Herrsching:Ein paar Kübel Blödsinn

Lesezeit: 2 min

Die Gemeinde will den Verkehr beruhigen und stellt Blumentröge auf. Seither ist der Ort gespalten, viele Bürger finden diese hässlich. Die ersten Gemeinderäte rudern zurück.

Von Carolin Fries, Herrsching

Sie sollten den Verkehr beruhigen und obendrein das Ortsbild verschönern: Knapp 25 Pflanzentröge hat die Gemeinde Herrsching vor knapp vierzehn Tagen als Teil eines Verkehrskonzepts in der See- und Summerstraße an Einfahrten und auf Parkflächen aufgestellt. Seither ist der Ort gespalten, denn viele Herrschinger halten die Aktion für einen verspäteten Aprilscherz. Ihre Kritik an den Kübeln: platzraubend, stillos und keineswegs verkehrsberuhigend.

In der Freinacht haben zuletzt selbsternannte Lausbuben den ein oder anderen Trog mit Alufolie geschmückt und ein Schild mit der Aufschrift "Herrsching schillert" darin platziert - um Bürgermeister Christian Schiller (parteifrei) unmissverständlich klarzumachen, was man von dem "neuesten Hit aus dem Rathaus" hält, wie es in einer Email an die Redaktion heißt. Auf Plakaten wurden Herrschinger außerdem aufgerufen, zusätzliche "Designer-Pflanzkübel" durch eine Spende zu finanzieren - oder aber Blumentöpfe aus dem privaten Gebrauch für besonders enge Straßen zur Verfügung zu stellen.

In der Freinacht zum 1. Mai haben sich einige Herrschinger bereits lustig gemacht über die neuen Blumenkübel: "Herrsching schillert" hieß es da in Anspielung auf den bürgermeisterlichen Namen Christian Schiller. (Foto: Privat)

Nur Frühaufsteher aber konnten sich an derlei Scherzen erfreuen. Bauhof-Mitarbeiter haben am Dienstag noch im Morgengrauen die Plakate entfernt und die Kübel von sämtlichem Glitzer befreit. Reine Routine, wie Schiller betont, dem sogleich vorgeworfen wurde, er habe das Aufräumen höchstpersönlich angeordnet. Nein, er selbst habe ja die größte Freude an den Streichen gehabt, betont er. "Super, dass wir hier so kreative Leute haben", sagt der Rathauschef. Dass er im Mittelpunkt der Kritik steht, nimmt er nicht persönlich, das sei Teil des Geschäfts. Er verweist darauf, dass der Gemeinderat den entsprechenden Beschluss im vergangenen Jahr einstimmig gefasst habe. Nach zweijähriger Diskussion wohlgemerkt. Und übrigens: "Es fehlen noch ein paar Kübel, die kommen jetzt im Mai." Insgesamt seien 32 Kübel vorgesehen.

CSU-Gemeinderat und Fraktionssprecher Willi Welte würde den Beschluss am liebsten rückgängig machen. "Da hatten wir wohl alle einen Blackout", sagt er rückblickend. Er hat jedenfalls feststellen müssen, dass die Kübel ein "rechter Blödsinn" sind, Schulkinder beim Überqueren der Straße dahinter kaum sichtbar sind und der Verkehr kein bisschen langsamer fließt. Auch die Umwandlung der Seestraße in eine 30er-Zone - es funktioniere nicht. "Das sollten wir ändern", sagt er. Seine Fraktionskollegin und dritte Bürgermeisterin Christina Reich bestätigt: "Da haben wir Mist gemacht." Jetzt gelte es, den Schaden zu begrenzen. Und das möglichst schnell. Christian Schiller aber will nichts überstürzen. Er selbst ist zwar auch nicht hundertprozentig überzeugt, nennt die Kübel "kritisch" und spricht von einem "Kompromiss". Doch das sei kein Grund, um vorschnell zu handeln. "Im Herbst, spätestens im Frühjahr müssen wir ein Resümee ziehen", sagt der Bürgermeister.

Bürger wie Gäste wurden aufgerufen, Balkonkästen zu spenden, "auch gebrauchte". (Foto: Privat)

Derweil gerät der CSU-Ortsvorstand aus den eigenen Reihen unter Druck. Der frühere Vorsitzende Gerd Knülle fordert die Ortsvorsitzende Fromuth Heene in einem offenen Brief auf, "schnellstens öffentlich Stellung beziehen". Er wolle nicht länger "Blitzableiter für das Schweigen der CSU in Herrsching" sein. Es vergehe nämlich kaum ein Tag, an dem er sich nicht rechtfertigen müsse für die Pflanztröge. Fromuth Heene war für eine Stellungnahme nicht erreichbar, sie ist verreist. Willi Welte sagt, eine öffentliche Stellungnahme brauche es nicht. Er versteht Knülles Aufforderung vielmehr als Wunsch nach einer geschlossenen CSU-Fraktion im Gemeinderat. Vor allem aber nach einer Korrektur einer politischen Fehlentscheidung.

© SZ vom 03.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: