Dießen:Lähmende Lethargie und intensive Suche

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Freude über Gitarrenstunden im Dorfstadl: Die Musikschule sucht Musik-Paten, die Unterrichtskosten für die begeisterten Schüler übernehmen könnten. (Foto: oh)

Manche Flüchtlinge sind seit eineinhalb Jahren noch nicht einmal zu ihrem Asylverfahren angehört worden. Sie bräuchten dringend sinnvolle Beschäftigungen. Die bereits anerkannten Syrer benötigen Mietwohnungen, um ihre Familien nachkommen zu lassen

Von Armin Greune, Dießen

Die derzeit 75 Asylbewerber in der Marktgemeinde stehen je nach ihrem rechtlichen Status vor ganz unterschiedlichen Problemen. Während im früheren Drogentherapiezentrum des Roten Kreuzes in Bischofsried verzweifelte Aufbruchstimmung herrscht, lähmt Lethargie die Flüchtlinge im ehemaligen Forsthaus Riederau. In Obermühlhausen aber könnten neun Syrer ihr neues Leben in Deutschland beginnen, wenn sie denn Wohnraum und Arbeit fänden.

Für die aus dem Bürgerkrieg in Vorderasien entkommenen Männer sei die Anerkennung als Asylbewerber "nur eine Formsache", sagte Christine Stedele, Ortssprecherin für Obermühlhausen, in der jüngsten Sitzung des Dießener Gemeinderats. Sieben der neun Syrer, die zum Teil abgeschlossene Studien vorweisen können, sind bereits anerkannt und hätten deshalb "theoretisch freien Zugang zum Arbeitsmarkt". Doch noch dringender als die Jobsuche sei es für diese Männer, eine Mietwohnung zu finden. Denn der Wohnungsnachweis sei die Voraussetzung, damit sie ihre Frauen und Familien nachkommen lassen können, "die vielleicht gerade im Bombenhagel in Homs stehen", sagte Stedele. Wenn aber die Angehörigen in Deutschland ankommen, müsste eine größere Unterkunft gefunden werden: "Im Endeffekt suchen wir für jeden zwei Wohnungen." Deshalb kämen als Übergangslösung auch Ferienappartements in Betracht. Der Helferkreis hat dazu schon mit dem Tourismusverband Kontakt aufgenommen. Stegele wäre dankbar, wenn sich auch private Vermieter unter der E-Mail-Adresse KStegele@t-online.de meldeten. In der Riederauer Unterkunft sind alle zwölf Asylbewerber über ihre Zukunft weiter völlig im Ungewissen. Obwohl die Flüchtlinge aus Eritrea schon seit 14 Monaten und die aus Afghanistan sogar 17 Monate lang im alten Forsthaus untergebracht sind, warten sie noch immer auf ihre Anhörung, sagte Michaela Kanzler vom Netzwerk Asyl Ammersee. Abgesehen von zwei Kindern und zwei Palästinenserinnen handle es sich um junge Männer, die dringend Arbeit bräuchten, "sonst verlieren sie jeglichen Bezug zur Realität". Auch wenn über ihr Asylverfahren noch nicht entschieden ist, könnten diese Flüchtlinge auf 450-Euro-Basis befristet beschäftigt werden. Allerdings sei eine komplizierte Prozedur mit Nachrangigkeitsprüfung zu bewältigen, sagte Kanzler Für zwei Asylbewerber konnte das Netzwerk dennoch Aushilfsjobs in der Gastronomie besorgen. Wie Bürgermeister Herbert Kirsch ergänzte, prüft auch der Dießener Bauhof, ob er eine Stelle für Flüchtlinge schaffen kann. Ein Problem seien oft mangelnde Sprachkenntnisse, sagte Kanzler: Zweimal wöchentlich 90 Minuten Deutschkurs reichten halt nur für elementare Kommunikation.

Auch das Schicksal der im gemeindeeigenen Mietshaus am Waffenschmiedweg untergebrachten Asylbewerber ist noch völlig offen: Dort wartet eine bald fünfköpfige Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan auf ihr Verfahren. Keine Hoffnung gibt es hingegen für die ursprünglich 50 Kosovaren, die vor drei Monaten in Bischofsried ankamen. Ihnen wird grundsätzlich kein Asylrecht eingeräumt. Alle haben Ausreiseaufforderungen erhalten, so Kanzler. Wie das Landratsamt mitteilt, sind sieben bereits auf dem Heimweg. Zehn weitere haben die Beratungsstelle aufgesucht, um den genauen Modus für ihre Abreise festzulegen, sagt Pressesprecher Wolfgang Müller . Die freiwerdenden Plätze werden sukzessive mit neuen Asylbewerbern belegt, drei neue Flüchtlinge aus Afghanistan sind so bereits einquartiert worden.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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