Karneval in Rio und im Rheinland? Fasching in Bayern? Da denkt man an Fröhlichkeit und Farbe, Alkohol und Ausgelassenheit - und an Lärm.
Als Lothar-Günther Buchheim einmal zur Faschingszeit nach Venedig fuhr, wunderte er sich. Der berühmte Carneval in Venedig? Er ist: still. "Im Grunde ist alles anders, als ich erwartet habe", schrieb er, "kein Pritschenschlagen, kein Durcheinandertollen. Aber vor allem: Es gibt keinen Krawall. Nirgendwo grölt es aus übertörnten Lautsprechern. Nur die Kaffeehaus-Orchester sind wie stets bei schönem Wetter am Werk."
Lothar-Günther Buchheim liebte Venedig. Er liebte den morbiden Charme der Stadt und besuchte sie regelmäßig, natürlich mit Kamera. Im Buchheim-Museum findet ab Sonntag eine kleine Ausstellung statt mit dem Titel: "Lothar-Günther Buchheim. Carneval in Venedig." Sie zeigt etwa 50 Bilder aus den achtziger Jahren. Sehr farbige Fotos, geheimnisvolle, ausdrucksstarke.
Da fotografiert er eine Frau, die er zufällig trifft, die sich mit ihm auf ein Rollenspiel einlässt und über die er schrieb: "Ich entdeckte ein graziles Wesen, das, in eine Mantilla gehüllt, hilflos ephenhaft wirkt - aber nun, angesichts meiner Kamera, beide Arme wie Schwingen breitet und ... auf einmal zu einem jungen Ikarus wird, der sich in den kobaltblauen Himmel erheben will."
Buchheim hat einen Blick für den schönen Moment: für den Ausdruck im Gesicht eines Menschen, aber auch für die Stimmung einer Situation. Man sieht das bei seinen stilllebenhaften Fotografien: Ausgestellt sind nämlich auch Venedig-Bilder ohne Narren, die Gassen der Stadt, eine Lackiererei oder ein Gondoliere beim Zeitungslesen; wobei der Blick des Betrachters nicht an dem Mann haften bleibt, sondern an den Spiegelungen im Wasser und dem Muster der roten Decke am rechten Rand des Bildes: am Zauberhaften eben.
Lothar-Günther Buchheim. Carneval in Venedig. Buchheim-Museum in Bernried, 12. Februar bis 13. März, täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr.