Bier aus Wörthsee:Eigenwillig im Charakter

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Die Hobbybrauer Bernhard Schambeck und Raymond Seeliger kommen mit ihrem "Wörthseer Bräu" gut an. Sie wollen eine Mini-Brauerei etablieren. Am Wörthseer Christkindlmarkt schenken sie 300 Liter ihres Bieres aus

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Der eine ist Entwicklungsingenieur bei BMW, der andere Filmproduzent mit eigener Firma. Mit Bier hatten die zwei Wörthseer Bernhard Schambeck und Raymond Seeliger nur insofern zu tun, als dass sie es gerne trinken. Irgendwann kam dann der Moment, wo ihnen das, was der Markt hergab, nicht mehr reichte. Das Bier, das die riesigen Brauereikonzerne ausschenken, "hat viel an Charakter eingebüßt", meint Schambeck, der 48-jährige Ingenieur. "Das ist wie beim Kochen", ergänzt Seeliger. Der 49 Jahre alte Kameramann, Regisseur und Drehbuchautor kaut an Malzkörnern und sagt: "Man will auch nicht jeden Tag Schnitzel essen." Ganz wichtig ist ihnen die soziale Komponente des Biertrinkens. Das Zusammensitzen. Das Gemütliche.

Der Trend zu Craft-Bieren kam den Freunden entgegen. Sudkessel, Hopfen und Malz, ganze Brau-Sets sind mittlerweile im Internet erhältlich. Aber bevor der erste Sud, damals noch in der Küche, angesetzt werden konnte, wurde Fachliteratur gebüffelt und in der Max-Brauerei in Weilheim ein Braukurs absolviert. Schambeck wagte sich als erstes an ein Pale Ale, Seeliger an ein Weißbier. Das Ergebnis war überraschend gut, sodass die Beiden weitermachten. Aus einem 20-Liter-Kessel wurde eine 50-Liter-Brauanlage, aus der Küche zogen die Hobbybrauer in den Keller von Schambeck.

Bernhard Schambeck und Raymond Seelinger(v.li.) vom "Wörthseer Bräu" wiegen im Hobbykeller das Malz für ihr Bier ab. (Foto: Arlet Ulfers)

Dort stehen ihre Kreationen nun aufgereiht: das Helle, das Weißbier, das Pale Ale und - ganz neu- ein Indian Pale. Malz ist da und Hopfen aus der Hallertau und Amerika. "Charaktervolle Biere" wollen sie herstellen. Sie wissen jedoch auch, dass Biere außerhalb des Massengeschmacks durchaus polarisieren können. Aber ihre Eigenmarke "Wörthseer Bräu" ist bisher gut angekommen bei Familie und Freunden. Und auch den Besuchern eines Dorfladen-Infoabends hat es geschmeckt. Als nächstes werden die Hobbybrauer ihr Bier auf dem Wörthseer Christkindlmarkt verkaufen, der am 3. und 4. Dezember vor dem Rathaus stattfindet. 300 Liter werden dort ausgeschenkt und verkauft.

Dabei ist es nicht so, dass sie ihre Biere schon für perfekt halten. "Wir sind immer noch am feinjustieren", sagt Schambeck. Jeden Freitag um 17 Uhr treffen sie sich zur "Braubesprechung". Und dort wird natürlich auch gerechnet. Bisher ist ihr Hobby noch ein ziemliches Draufzahlgeschäft. Allein der 50-Liter-Tank hat 2200 Euro gekostet. Dass es 0,3 Liter-Flaschen nur in einem Gebinde ab 2048 Flaschen gibt, wussten sie vorher auch nicht. Die Biersteuer, die sie vor dem Ausschank beim Christkindlmarkt entrichten müssen, war ihnen ebenfalls fremd. Nicht billig sind auch die schönen Holzbierkisten, die in einer Behindertenwerkstatt in Fürstenfeldbruck gefertigt werden. Für diese Buchen-Kästen verlangen die Brauer auch ein Pfand in Höhe von 15 Euro, die Flasche Bier kostet zwischen zwei und vier Euro. Gekauft werden kann das Wörthseer Bräu nach dem Christkindlmarkt auf Bestellung.

An Stammwürze und Stärke des Bieres wird getüftelt. Im Hintergrund die schönen Bierkisten aus Buchenholz, gefertigt in einer Behindertenwerkstatt. (Foto: Arlet Ulfers)

Schambeck und Seeliger haben großen Spaß am Brauen. Aber verdienen würden sie irgendwann auch gerne daran. Mit einem 500-Liter-Kessel könnten sie im Monat 2000 Liter Bier herstellen. Seeliger: "Dann wären wir bei plus-minus Null." Für so einen großen Kessel ist aber im Keller kein Platz. "Wir brauchen Räume", sagt Schambeck. Die Idee, die kleine Brauerei könnte zusammen mit dem Dorfladen in die ehemalige Kreissparkassenfiliale einziehen, hat sich zerschlagen. "Die Räume eignen sich nicht für uns", sagt Schambeck. 100 Quadratmeter wären schön, am liebsten wäre den Freunden eine Halle, die sie zur Mini-Brauerei umbauen könnten. Mit einem kleinen Ausschank, wo auch mal Lesungen oder Konzerte stattfinden könnten. Damit Biertrinken wieder das wird, was es einmal war: ein gemütliches Zusammensein.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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