Bewerbungsverfahren:Neues Leben im Schlosspark

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Gemeinde vergibt die Gastronomie im Salettl - mehr als zehn Interessenten sollen sich gemeldet haben. Unter den Bewerbern sind auch Jane Höchstetter und Stefan Berchtold, die bis 2008 schon einmal ein Café in dem Anwesen betrieben haben

Von Michael Berzl, Gauting

Kabel hängen von der niedrigen Decke, auf der Holztreppe liegt der Staub. Leitern, Farbeimer und Besen stehen auf dem Boden, die Fenster sind mit Plastikplanen verhängt. Das Salettl im Schlosspark ist noch eine Baustelle. Die Eröffnung eines neuen Cafés in den umgebauten Räumen verzögert sich wohl noch. Laut einer Ausschreibung der Gemeinde hätte der Gastronomiebetrieb in einem Nebengebäude von Schloss Fußberg schon im Februar beginnen sollen, doch die Gemeinderäte müssen sich erst noch entscheiden, wem sie das Lokal geben wollen. Immerhin haben sie eine Auswahl. Mehr als zehn Interessenten sollen sich nach Angaben des Rathauses gemeldet haben.

Für 1100 Euro pro Monat vermietet die Gemeinde das hübsche Häuschen in idyllischer Lage an der Würm. In dem Lokal ist Platz für etwa 30 Gäste; dazu kommen zwei Freiflächen zum Schlosspark auf der einen Seite und auf einer Holzterrasse zur Würm auf der anderen Seite. Nach den Plänen des Gautinger Architekten Christian Hadlich wurde das kleine Gebäude um einen Anbau mit Glasfassade erweitert.

Die Gemeinde hat recht genaue Vorstellungen, was sich in dem Salettl abspielen soll, in das immerhin rund 150 000 Euro aus Steuermitteln investiert wurden. So sollen dort Ausflügler den ganzen Tag über etwas zu essen und zu trinken bekommen; auch für Beschäftigte in den Firmen in der Nähe soll die Speisekarte attraktiv sein. Das Angebot soll vom Vormittag über eine Mittagskarte und Snacks bis zu kleinen Gerichten am Abend abgedeckt werden.

Das Schlosscafé darf ausdrücklich auch für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden; denkbar wären dort zum Beispiel Lesungen oder Kabarettabende. Auch die Verpflegung von Besuchern von Konzerten in der Remise gegenüber könnte übernommen werden. Das Lokal soll zunächst für fünf Jahre vermietet werden, mit einer Option auf weitere drei Jahre. Dann könnte aber die Miete erhöht werden. Den Namen dürfen sich die Mieter selbst aussuchen, allerdings kann der Gemeinderat Widerspruch einlegen, wenn er nicht damit einverstanden ist.

Zu den Bewerbern zählen Jane Höchstetter und Stefan Berchtold, die bis Herbst 2008 im Erdgeschoss von Schloss Fußberg ein Café betrieben hatten. Sie mussten ihr Lokal schließen, weil die Unternehmensberater, die in dem stattlichen Anwesen ihren Firmensitz haben, mehr Platz brauchten. Nach einem mehrjährigen Intermezzo in einem mobilen Verkaufsstand hoffen die beiden nun, im Salettl eine neue Bleibe zu finden. Die als Verein organisierten "Freunde des Schlosscafés" hegen wohl auch diese Erwartung. "So lasst uns gemeinsam feiern mit Jane und Stefan"", jubelte die Vereinsvorsitzende Ulrike Deeg in einer Einladung zum Herbstfest im vergangenen Oktober. Unter anderem bezog sie sich dabei auf "den Start eines Schlosscafés im Salettl". Sicher ist das aber nicht angesichts der Anzahl von Konkurrenten.

Die erste wichtige Entscheidung, wer zum Zug kommt, fällt hinter verschlossenen Türen in einer Sitzung des Hauptausschusses am Dienstag, 7. Februar. Das letzte Wort hat aber der gesamte Gemeinderat eine Woche darauf am Dienstag, 14. Februar, ebenfalls in nichtöffentlicher Sitzung.

Salettl, Remise und Schloss Fußberg bilden ein geschichtsträchtiges Ensemble und gehören mit dem Park in einer Biegung der Würm seit fast 36 Jahren der Gemeinde. Das imposante Herrenhaus wurde zunächst mit einem Millionenaufwand als Museum hergerichtet, dann aber als Firmensitz vermietet. Die Remise, das ehemalige Kutschenhaus, dient als Veranstaltungsraum; dort finden zum Beispiel Konzerte oder Hochzeiten statt. Das Salettl wurde als Hausmeisterwohnung genutzt, beherbergte Büros und zwischenzeitlich eine Kinderkrippe.

Dass eine Gemeinde ein Lokal zu vergeben hat, ist kein Einzelfall. So haben seit Beginn des Jahres neue Betreiber den Kiosk am Weßlinger See übernommen, der sich ebenfalls in kommunaler Hand befindet. Dort liegt die monatliche Pacht bei 275 Euro. Die Gemeinde Gilching sucht gerade Pächter für die Gaststätte Geisenbrunn mit Kegelbahn und Biergarten, die vom April an neu vergeben werden soll. Besonders schlechte Erfahrungen hat die Gemeinde Planegg als Verpächter des Lokals "Mi casa su casa" an der Bahnhofstraße gemacht. Das Lokal ist seit Jahren geschlossen, juristische Auseinandersetzungen mit dem vorherigen Wirt endeten mit einem kostspieligen Vergleich.

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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