Berg:Spaß am Essen

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Im "BergSpektiven-Klub" diskutierten (v.li.) Ernährungswissenschaftler Achim Sam, Holger Beeck (McDonald's) und die Ernährungsmediziner Herbert Eisenlohr und Kollege Professor Hans Hauner. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Expertenrunde diskutiert im Rahmen der Bergspektiven über Diäten, Fastfood und Lebensstil

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Berg

Paleo-Diät, Low Carb, Schlank im Schlaf, Heilfasten: Diät-Angebote und Ernährungs-Tipps haben Hochkonjunktur. Bei den "Bergspektiven" räumten die Experten auf mit so manchem Vorurteil. Sie zeigten sich überzeugt davon, dass vieles, was medienwirksam auf dem Ernährungsmarkt angeboten wird, nur ein "übler Geschäftstrick" sei und reine Geschäftemacherei. "Immer wieder wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben", erklärte der Starnberger Ernährungs- und Sportmediziner Herbert Eisenlohr.

Das Interesse an diesem Thema war riesig: Die Besucher im vollen Saal des Schlosshotels Berg diskutierten rege mit. Heutzutage werde Essen und Ernährung zur Philosophie überhöht, monierte Professor Hans Hauner, der den Lehrstuhl für Ernährungswissenschaften an der Technischen Universität München leitet. Es ist übrigens der einzige in Deutschland. "Es geht mir zu weit, was alles ins Essen hineininterpretiert wird." Das Bemühen richtig zu essen, löst nach seinen Erfahrungen Essstörungen aus. Die Medien würden dazu beitragen, indem sie ein Schlankheitsideal propagierten, das normalerweise gar nicht erreicht werden könne. Wie die Realität zeige, sind die häufigsten Krankheitsursachen auf falsche Ernährung und Übergewicht zurückzuführen. Alle Experten waren sich einig, dass schnelle Diäten lediglich einen Jo-Jo-Effekt auslösen.

Mehr als zwei Millionen Deutsche essen täglich bei Mc Donald's, wusste Holger Beeck, einer der Vorstände der Kette. Dass sich so viele Menschen für Fast-Food entscheiden, liegt seiner Erfahrung nach daran, dass die Leute keine Zeit mehr haben. "Man muss einfach nur Spaß haben am Essen," betonte Beeck. Es sollte nicht als bloße Nahrungsaufnahme gesehen werden. Davon war auch der Ernährungswissenschaftler, Buchautor und Journalist bei "fit for fun", Achim Sam, überzeugt. "Hinsetzen, das Handy weglegen und das Essen genießen", so Sam, der sich nach eigenen Angaben "alles in Maßen, aber nicht in Massen" gönnt. Seine weiteren Tipps: keine Zwischenmahlzeiten, nicht mal gezuckerten Kaffee und ausreichend schlafen, denn wer wenig schläft isst mehr.

Hauners Rat lautete, nicht weniger essen, sondern anders. Die Lebensmittel sollten wenig bearbeitet und vorwiegend pflanzlich sein. Unsere Urahnen hätten schließlich auch nur selten Fleisch bekommen, und sich hauptsächlich von Blättern, Samen und Nüssen ernährt, pflichtete Eisenlohr bei. Ob man zu regionalen Produkten greift oder nicht, mache keinen Unterschied. Von Nahrungsergänzungsmitteln hielt der Sportmediziner ebenfalls nichts; sie sind nur ein "Ablasshandel für schlechten Lebensstil". Übrigens waren alle geladenen Experten schlank, auch McDonald's-Chef Beeck, der drei Mal pro Woche in seinem Unternehmen isst. "Fit for fun"-Journalist Sam outete sich als "Figur-Pendler". Er sei einmal "ein wirklich sehr dickes Kind" gewesen, sagte er.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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