Berg:Kirche finanziert Flüchtlingsarbeit

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Erzbistum stellt bis zu 75 Prozent der Miet- und Pachteinnahmen den Helferkreisen zur Verfügung

Von Peter Haacke, Berg

Kaum standen die Zelte, gab es auch schon die ersten Gerüchte: Die katholische Kirche, so hieß es, verlange für eine Wiese am Ortsrand von Berg, auf der seit Ende September Flüchtlingsunterkünfte stehen, Pacht von der Gemeinde. Die "Unterbringung dieser armen Menschen" sei laut Kirche ausschließlich Angelegenheit des Staates, teilte eine besorgte SZ-Leserin aus Berg der Redaktion mit. Der im Raum stehende Vorwurf: Abzockerei. Die katholische Kirche bereichere sich durch Vermietung leer stehender Immobilien und Grundstücke zu Lasten der öffentlichen Hand ungeniert am Schicksal von Flüchtlingen und Asylbewerbern. "Schande über die Kirche", schlussfolgerte die Leserin - nicht ahnend, dass das Erzbischöfliche Ordinariat in München, aber auch Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, umgehend reagieren würden.

Wie bei so vielen Gerüchten, die oft in Windeseile die Runde machen, ist zwar etwas Wahres an der Geschichte - und dennoch ist sie in vielen Details falsch. Insbesondere der Bereicherungsvorwurf gegenüber der Kirche ist aber aus verschiedenen Gründen nicht haltbar: Mit einem Schreiben vom 11. November hat das Erzbischöfliche Ordinariat München für seine kirchlichen Objekte einheitlich klar gestellt, dass 75 Prozent der Einnahmen aus der Verpachtung von Grundstücken, die zur Unterbringung von Flüchtlingen an staatliche oder kommunale Institutionen verpachtet werden, fortan "für die pfarrliche Flüchtlingsarbeit verwendet werden" sollen. Für Gebäude oder Wohnungen beträgt der Anteil 50 Prozent.

Tatsächlich liegt einer der Ausgangspunkte für die zwischenzeitlich landesweit geführte Debatte über die Rolle der katholischen Kirche zur Flüchtlingsfrage in der Gemeinde Berg. Angesichts der erwarteten Asylbewerber in der Zeltstadt auf einem rund 5000 Quadratmeter großen Teilbereich des Huberfelds war die örtliche Kirchenstiftung in Aufkirchen bereits im Sommer aktiv geworden: Die Hälfte der Pachteinnahmen - rund 18 000 Euro pro Jahr, die der Landkreis zahlt - sollte dem Asylhelferkreis der Gemeinde gespendet werden, lautete Ende August der Beschluss aus Berg. Doch das zuständige Ordinariat lehnte zunächst mit Hinweis auf bestehende Haushaltsrichtlinien ab. "So einfach geht das nicht", hieß es aus München. Demnach müssen 80 Prozent aller Einnahmen an die Finanzkammer überführt werden, 20 Prozent gehen in die Rücklagen, erläuterte Bettina Göbner von der Erzbistums-Pressestelle.

Dann aber die überraschende Wende: Nachdem sich am Wochenende in verschiedenen Medienberichten öffentliche Kritik an den bislang bestehenden Kriterien bei der Vermietung kirchlicher Objekte zum ortsüblichen Mietzins regte, reagierte das Erzbistum in München. Einer umfassenden "Erläuterung zur Bereitstellung von Unterkünften für Flüchtlinge" zu Wochenbeginn ließ die Pressestelle des Erzbistums am Mittwoch eine Erklärung zur vereinheitlichten "Praxis zur Bereitstellung von Flüchtlingsunterkünften" folgen - eine vergleichsweise großzügige Regelung, die im Sinne der Flüchtlinge durchaus hilfreich sein dürfte.

Der Asylhelferkreis in Berg (www.asyl-in-berg.de) mit seinen mittlerweile 127 Helfern für derzeit rund 100 Flüchtlinge in der Gemeinde am Ostufer des Starnberger Sees könnte sich demnach auf einen Teil der 13 500 Euro pro Jahr freuen. Das Geld wird laut Iradj Teymurian vorwiegend für Bildung, Deutschkurse und Bücher, aber auch für Fahrkarten benötigt.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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