Berg:Grau ist alle Photographie

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Unendlich viele Schattierungen: Cellist Graham Waterhouse vor drei Bildern von George E. Todd. (Foto: Arlet Ulfers)

Das Reihe "Kunstwerk des Monats" widmet sich dem 2016 gestorbenen Künstler George E. Todd

Von Ute Pröttel, Berg

Ein Cello, ein Gedicht und drei Photographien in Schwarzweiß - sehr stimmungsvoll startete das "Kunstwerk des Monats" ins neue Jahr. Ansonsten trennen sich im "verflixten" siebten Jahr nicht selten Wege und werden neue Lebensabschnitte eingeleitet. Doch die Berger Veranstaltungsreihe nimmt im siebten Jahr ihres Bestehens mittlerweile einen festen Platz im evangelischen Gemeindeleben ein. Sie schafft einen Raum der Begegnung zwischen Kunst und Glauben.

Im Jubiläumsjahr der Reformation haben sich Kuratorin Katja Sebald und Gastgeber Johannes Habdank erstmals dazu entschlossen, Kunst und Religion näher zusammenrücken zu lassen. "Sich ein Bild machen, eine Anschauung haben, macht uns zu Menschen - Kunst ist Sinngebung, Sinngestaltung, gleich Gottsuche und Religion" - unter diesem Motto steht die Kunstreihe im Jahr 2017. Formuliert hat diesen Satz der Maler, Bildhauer und Fotograf Gerhard Richter.

Den Januar nutzt die Reihe stets für eine Hommage an einen verstorbenen Künstler. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr der Fotograf George E. Todd. Im vergangenen Juli war er im Alter von 91 Jahren gestorben. Seinen Lebensmittelpunkt hatte der gebürtige Brite viele Jahre in Hochstadt. Dorthin verschlagen hat es Todd wegen seines Jobs bei der DLR in Oberpfaffenhofen. Seit 1972 widmete er sich dort der Weltraumforschung. Dabei hatte der 1925 geborene Engländer zunächst in London Malerei studiert. Der Zweite Weltkrieg machte dem Kunststudium jedoch ein abruptes Ende. Todd ging zur Royal Airforce, wo er sein Faible für die Technik entdeckte.

In der Kunst verschreibt er sich ganz und gar der Photographie. Und zwar der mit zwei "ph", wie Kuratorin Katja Sebald anmerkt. Alle seine Bilder sind analog aufgenommen und in der eigenen Dunkelkammer entwickelt. Todd beherrscht vor allem das Herausarbeiten von vielfältigen Grautönen meisterlich. Seine poetischen Bilder gleichen zeitlos entrückten Stillleben. Sie sind auf Todds zahlreichen Reisen durch die Welt entstanden.

Die Ausstellung im Katharina-von Bora-Haus in Berg zeigt zwei Aufnahmen von Sakralbauten, die in Frankreich und New Mexiko entstanden sind, und eine Aufnahme von gefalteten Händen, die eine schwarz, die andere weiß. Ein Bild von starker Symbolkraft. George E. Todd hatte eine besondere Vorliebe für Grautöne, insbesondere die Grautöne von Wolkenformationen am Himmel haben ihn fasziniert. Davon erzählte auch Graham Waterhouse. Der ebenfalls aus England stammende Cellist und Komponist war 2003 nach Weßling gezogen und hatte Todd kennengelernt, als dieser zu einem seiner Konzerte kam. Waterhouse wiederum ließ sich keine der Ausstellungen Todds im Weßlinger Pfarrstadel entgehen. Die beiden Engländer in der Fremde fanden sofort einen gemeinsamen Draht. Waterhouse bat Todd, ihn mit seinem Instrument zu fotografieren oder besser zu "photographieren". Todd wiederum ersuchte Waterhouse, bei der Trauerfeier für seine Frau Pat Cello zu spielen. Bei einem ihrer letzten Treffen räsonierte Todd über die unermesslich vielen Grauschattierungen am Himmel.

"Nur das menschliche Auge kann diese vielen Nuancierungen erfassen," erklärte Todd seinem Zuhörer Waterhouse, während er fasziniert den Himmel betrachtete.

Zu Ehren des verstorbenen Freundes rezitierte Waterhouse nicht nur ein von George E. Todd verfasstes Gedicht - es ist in dem Bildband "Jottings" dem Photo mit den gefalteten Händen gegenübergestellt -, sondern spielte auch zwei Stücke auf dem Violoncello. Das zweite war ein selbstkomponiertes Stück mit dem Titel "Monologue". Sein breites musikalisches Spektrum erinnere ihn, so Waterhouse, immer an das Gespräch mit George E. Todd über die Grauschattierungen am Himmel.

© SZ vom 14.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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