Wenn man Nuё Ammann im Internet sucht, dann erscheint im Titel zu ihrer Website der Zusatz "Superfrau". Das ist ihr furchtbar peinlich. Es war ein Scherz, eigentlich längst gelöscht, aber irgendwie unausrottbar. Beschäftigt man sich ein bisschen länger mit Ammann, wird man feststellen, dass sie mit "Superfrau" eigentlich ganz gut beschrieben ist: Sie ist preisgekrönte Drehbuchautorin, Kulturjournalistin und Wortkünstlerin, eigentlich aber Modedesignerin, die auch Inneneinrichtung kann, und obendrein eine Heilpraktikerausbildung absolviert hat. "Kunst ist das, was ich am liebsten mache", sagt sie aber ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Jetzt bekommt sie einen großen Auftritt in der "Galerie Stenzel" im Schloss Seefeld: Sie bespielt ein "Kunstfenster", in dem ihre Arbeiten 24 Stunden am Tag zu sehen sind.
2010 trat Nuё Ammann erstmals mit ihren ungewöhnlichen Wortkunst-Installationen in Erscheinung, heute ist sie damit eine feste Größe in der Kunstszene am Ammersee geworden. Geboren 1970 in Nördlingen, studierte sie an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim und kehrte 2008 - nach 17 Umzügen und unterschiedlichsten beruflichen Stationen - an den Ammersee zurück, wo sie als Kind ihre Sommerferien verbrachte. "Schon als ich klein war, wollte ich an einem Ort leben, an dem immer jemand mit einer Luftmatratze unter dem Arm rumläuft", sagt sie.
Den Traum von den "immerwährenden Ferien" hat sie sich jetzt gewissermaßen erfüllt, auch wenn sie selbst keine Wasserratte ist, sondern an ihrem Wohnort Dießen eher den weiten Blick über den See und die Natur am Ufer genießt. "Die besondere Atmosphäre von Dießen besteht aber vor allem darin, dass in jedem fünften Haus ein Künstler wohnt", sagt sie über ihre neue Heimat.
Nach Jahren als Stylistin und dann auch in der Herstellung - zuletzt bei "Strenesse" - hatte sie genug von der Modebranche. "Irgendwann war es mir einfach egal, wo der Knopf sitzt", sagt sie rückblickend: "Immer nur Kleidung, das war mir zu fad." Sie wollte hinter Oberflächen blicken und den Dingen auf den Grund gehen. Das Schreiben, eine lange schon nebenbei gepflegte Leidenschaft, schien ihr der richtige Weg: Auf Anhieb erhielt sie 2005 ein Stipendium an der Drehbuchwerkstatt München, das sie mit dem "Tankred-Dorst-Preis" abschloss. Die Filmbranche erinnerte sie allerdings schon bald sehr an die Modebranche: Wieder ging es mehr um Schein als um Sein. "Mensch, werde wesentlich": Diesen Satz hatte ihr der Schuldirektor zusammen mit dem Abiturzeugnis auf den Weg gegeben - er führte Ammann zur Kunst.
Sie schreibt Aphorismen, Gedichte und Gedanken auf Zettel, auf Wände, auf Tischdecken. Sie schneidet Buchstaben aus, baut sie aus Baumstämmen und Pappkartons, stellt sie mitten in den Raum, auch in den öffentlichen Raum. Kurze Sätze macht sie in Einweckgläsern "haltbar", längere Texte druckt sie auf Bierdeckel, auf Papierbahnen, sie fertigt Fotomontagen und baut Objekte. Ihr bevorzugtes Material ist Papier: "Vergänglichkeit erscheint mir mit das Wichtigste an unserm Dasein." Ihre vielfältigen Fertigkeiten kommen ihr bei ihrer künstlerischen Arbeit ebenso zugute wie ihr Humor, mit dem sie Betrachter ihrer Werke gern in die Irre führt. Zu ihrer selbstständigen Künstlerexistenz gehören aber auch Pressearbeit und Kreativkurse an der Nähmaschine: "Für mich gehört das alles zusammen, es geht immer um Gestaltung."
In Seefeld betritt Ammann aber auch Neuland, denn neben ihren Installationen zeigt sie auf Wunsch des Galeristen erstmals auch kleine Unikatserien von Objektkästen, in denen sie ihre Texte in Szene setzt.
Vernissage in der "Galerie Stenzel" am Dienstag, 29. August, ab 18.30 Uhr, mit Kunst, Musik und einer Lesung. Ausstellung bis 10. September.