Politikerderblecken:Die Frau Merkel von Berg

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Beim Starkbierfest in der "Post" bekommt die Lokalprominenz ihr Fett ab

Von Ute Pröttel, Aufkirchen

Er kann's wirklich. Schauspieler Wowo Habdank kehrt in den Ort seiner Kindheit zurück und liest dem lokalen Klüngel die Leviten. Der Maximator-Gemeinde im Saal der "Post" in Aufkirchen stellt er sich als lebender Querschnitt durch die Berger Bevölkerung vor: Stadterer, Zuagroaster, Einheimischer und Fremder gleichzeitig. "Bloß a Frau bin i ned, des kann ja noch kemma." Mit Spannung war der Auftritt Habdanks, der im Singspiel auf dem Nockherberg den Grünen-Politiker Anton Hofreiter verkörpert hatte, erwartet worden. Aus allen Ortsteilen ist das Publikum nach Aufkirchen gekommen. Der Saal ist restlos ausverkauft. Bürgermeister Rupert Monn (EUW) wird von seinem geschäftsführenden Beamten Benjamin Bursic begleitet. Die stellvertretenden Bürgermeister Andi Hlavaty (CSU) und Elke Link (QUH) sind ebenso da wie die beleidigten Burschen vom Höhenrainer Goaßlschnalzerverein, die ja wegen des bevorstehenden Baus einer Flüchtlingsunterkunft in Höhenrain nun keinen Platz mehr zum Feiern haben.

Habdank setzt zum Lösungsansatz an: "Wahrlich, ich frage euch, wer ist bereit, seinen Stadl oder seine Wiese zukünftig für die Veranstaltung der Höhenrainer herzugeben?" Und tatsächlich meldet sich der Bauer Haberl aus Bachhausen, um Asyl zu gewähren. Für Habdank ist Bürgermeister Monn sowieso ein Held. "Er hat immer betont, dass er der Bürgermeister von ganz Berg ist, und das ist ihm jetzt auch gelungen. Zum ersten Mal in seiner Amtszeit! Er hat nämlich bei der Entscheidung über die geplante Flüchtlingshalle in Höhenrain für den Bau gestimmt." Und wird deswegen nun in seiner Heimat politisch angefeindet. "Er ist jetzt also so eine Art Frau Merkel von Berg. Die wenigen Freunde, die ihm noch übrig geblieben sind, sagen schon Angela zu ihm."

Immer öfter werde Monn auf dem Campingplatz am Berger Ortseingang gesehen, einem Hort der Toleranz und Großzügigkeit, wo die Flüchtlinge kostenlos zelteln dürften: "Und wenn jetzt einer der Flüchtlinge in der Früh aufgetaut ist und aus dem Zelt heraustritt, dann erscheint ihm eine Schrift, und er fängt an sie zu entziffern: E-in e-wig Rat-zel will ick blei-ben mirr und an-der- en." Doch damit genug des Witzes über den Berger Kreisel. Ihm sei gesagt worden, weitere Sticheleien dazu hält die Berger Seele nicht mehr aus.

Den zweiten Bürgermeister Andreas Hlavaty (CSU) fragt Habdank, wie er es als Strafrechtler eigentlich bei der CSU aushalte. "Der Hlavaty ist der lebende Beweis, dass es sogar in der CSU ehrliche Leut gibt." Er legt ihm nahe, doch zu den Heimatverbunden zu gehen, den Queren, den Unabhängigen, die seien zwar rechte Gescheithaferl, aber auch ein Musterbeispiel für gelungene Integration: "Die san so heimatverbunden, die treffen sich jeden Tag gleich nach dem Aufstehen im Keller zum Schuhplatteln. Und dann hocken sie sich hin und schreiben den QUH-Blog, so eine lokale Plattform für bandwurmartigen Enthüllungsjournalismus." Andreas Ammer, der langjährigen Vorsitzende der Wählervereinigung, habe sich bereits einen Namen als "Voralpen-Wallraff" gemacht.

Habdank schafft locker Nockherberg-Niveau. Einer im Saal, der das aus erster Hand bestätigen könnte, ist der ehemalige Staatsminister Peter Gauweiler (CSU). Habdank vermutet, dass er schon seit langem Steuermann bei den Guglmännern ist. Und zu guter Letzt sind natürlich auch die Berger Windräder dran: "Schiach san's schon. Ehrlich, wennst von Holzhausen auf Münsing fahrst, dann siehst du sie, die Monumente der Rücksichtslosigkeit und der Gier." Habdank ist in den Wadlhauser Gräben spazieren gegangen. "Da hab' ich einen Neufahrner getroffen, also der hat nicht gut ausgeschaut. Ja, sagt er, des ist furchtbar hier, es brummt und brummt, du hörst es nicht, aber du spürst es in den Eingeweiden."

Habdanks Rede war der Höhepunkt des Abends. Danach stiegt der Pegel und das Niveau fiel, wie es sich eben für ein zünftiges Starkbierfest gehört.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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