Andechs:Ungewisse Zukunft

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Über einen Bürgersteig an der Herrschinger Straße soll der Käufer des Wieninger Schlösschens entscheiden. Doch die Max-Planck-Gesellschaft hat noch keinen gefunden für die ehemalige Residenz von Konrad Lorenz

Von Astrid Becker, Andechs

Bereits seit zwei Jahren steht das "Wieninger Schlösschen" der Max-Planck-Gesellschaft in Andechs leer. Ein Käufer für das Areal, in dem einst die Verhaltensforscher Konrad Lorenz und Irenäus Eibl-Eibesfeldt gewirkt haben, scheint noch nicht gefunden. Zumindest ist dem Vernehmen nach noch kein Vertrag unterzeichnet worden. Für Bürgermeisterin Anna Neppel ganz offensichtlich ein Ärgernis: Denn ohne einen Investor sieht es für die derzeit laufenden Bauarbeiten an der Ortsdurchfahrt schlecht aus.

"Da geht nichts weiter", klagt die Andechser Rathauschefin, und hört sich dabei ungefähr so genervt an wie derzeit alle Erlinger, die seit geraumer Zeit mit Staus auf ihrer Durchfahrtsstraße und Wartezeiten an den Ampeln leben müssen. Im Bereich des ehemaligen Max-Planck-Instituts in Richtung Herrsching wird wohl auch in der nächsten Zeit nicht viel geschehen. Hier sollte noch der Bürgersteig erneuert werden. Doch dafür müsste der Grundstückseigentümer, in diesem Fall derzeit noch die Max-Planck-Gesellschaft, Grund abtreten. "Die Entscheidung darüber will man dort aber nicht selbst treffen, sondern sie dem Investor überlassen, sofern dann irgendwann ein solcher gefunden wird", sagt Neppel.

Bislang jedoch ist ihrer Aussage zufolge noch kein Interessent in der Verwaltung der Gemeinde aufgetaucht, um sich zu erkundigen, was baurechtlich auf dem etwa 3,5 Hektar großen Gelände rund um die Bauwerke in der Von-der-Tann-Straße möglich ist. Die Rede war schon einmal von Wohnungen für die Max-Planck-Wissenschaftler. Doch was aus diesen Plänen geworden ist, kann auch Neppel nicht sagen. Die Max-Planck-Gesellschaft selbst will sich derzeit dazu nicht äußern: "In der von Ihnen angesprochenen Angelegenheit können wir Ihnen derzeit noch keine Auskünfte erteilen, da verschiedene Fragen noch zu klären sind. Ich bitte um Verständnis. Gerne informieren wir Sie zu einem späteren Zeitpunkt" lautet die lapidare Antwort einer Sprecherin auf eine entsprechende Anfrage der SZ.

Die Bürgermeisterin wird offenbar ebenso wenig ins Benehmen gesetzt. Das findet sie nicht nur ärgerlich, sondern auch bedenklich: Die Max-Planck-Gesellschaft arbeite ja mit öffentlichen Geldern und dürfe keine Liegenschaft brach liegen lassen, sagt sie. Derzeit jedoch sieht es ganz danach aus. Noch im vergangenen Jahr war die recht herrschaftlich wirkende Einfahrt von der Herrschinger Straße aus stets geöffnet, nun ist alles verrammelt und verriegelt. Niemand kann das Areal mehr betreten - was nach außen suggeriert, es könnte nun bereits den Besitzer gewechselt haben. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Zukunft des vor allem aus Sicht der Wissenschaft geschichtsträchtigen Areals ist mehr als ungewiss, sogar von einem möglichen Abriss des 1862 erbauten "Wieninger Schlösschens" ist die Rede, nachdem es vom Denkmalschutz als nicht schützenswert angesehen wurde.

Für manch einen emeritierten Forscher dürfte diese Beurteilung seiner Wirkungsstätte ein Schock gewesen sein. Schließlich wurde das Areal viele Jahre von Konrad Lorenz als Standort für seine Verhaltensforschungen genutzt. Irenäus Eibl-Eibesfeldt hatte hier sein riesiges Archiv untergebracht - mit etwa 300 Kilometer Film, die er Ende der Sechziger bei den diversen Ethnien Afrikas, Südamerikas, Neuguineas und Ostasiens gedreht hatte. In diesen Jahren hatte sich das Anwesen durch die Schlafforschungen von Jürgen Aschoff aber auch zum Zentrum für Chronobiologie entwickelt - die sich der Erforschung der inneren Uhr des Menschen widmet. Damals hatten sich mehrere hundert Freiwillige dafür in einen Bunker auf dem Areal begeben, die vollkommen abgeschirmt von der Außenwelt ihrem nach ihrem natürlichen Zeitgefühl lebten.

Für die Max-Planck-Gesellschaft, die das Grundstück nebst seiner Bebauung in den späten Fünfzigern erworben hatte, könnte sich der fehlende Denkmalschutz aber sogar als Glücksfall erweisen. Denn das erweitert das Spektrum dessen, was ein Investor damit anfangen könnte, um einiges - was sich wiederum positiv auf den Kaufpreis auswirken könnte. Der, so vermutet Neppel nun, werde wohl dennoch noch zu hoch angesetzt sein: "Die Gesellschaft wird sich wahrscheinlich genau über diesen Punkt nicht mit den Interessenten einig."

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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