Andechs:Mehr Milch

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Die Andechser Biomolkerei Scheitz sucht dringend Bauern, die auf ökologische Landwirtschaft umsteigen. Die Nachfrage nach Bioprodukten steigt, Joghurt aus Andechs geht sogar nach Dubai

Von Blanche Mamer, Andechs

"Die Andechser Molkerei sucht Bio-Bauern" - steht in großer Schrift an der Rückseite eines Milchlasters, der neben dem Hochregallager der Molkerei Scheitz in Erling parkt. Scheitz hat bisher etwa 630 zertifizierte Biomilch-Lieferanten in einem Radius von 150 Kilometer unter Vertrag und verarbeitet im Jahr etwa 92 Millionen Kilo Kuhmilch und etwa 8,5 Millionen Kilo Ziegenmilch. Doch der Biobetrieb mit einem Jahresumsatz von 140 Millionen Euro könnte mehr, da die Nachfrage nach Bio-Erzeugnissen stetig steigt. Es gilt also nicht nur, neue Märkte zu erschließen, sondern vor allem neue Milchlieferanten zu finden.

Darum hat Molkerei-Chefin Barbara Scheitz eine Anzahl interessierter Milchbauern eingeladen, um ihnen die Vorteile und die einzelnen Schritte bei der Umstellung von konventioneller auf ökologische Produktion zu erläutern. Sie hofft, dass etliche demnächst Biobauern werden. Mehr als 60 Landwirte aus dem Umland sind der Einladung gefolgt, einige mussten auf einen späteren Termin verwiesen werden, für die Folgeveranstaltung kann man sich noch anmelden. Treffpunkt ist die Kantine der Molkerei. Für viele ist es der erste Besuch bei Scheitz, die Verwunderung über die seltsam geschwungenen Fassaden in Rosa und schwarz, die krummen farbigen Säulen an den Eingängen und die schwarzen Kugeln auf den Dächern legt sich bald. Nur wenig ist vom Hundertwasser-Stil geblieben, dafür hat die Molkerei nun ihren Frieden. Barbara Scheitz ist eine geschickte Rednerin, sie erzählt zunächst von der Entwicklung des Familienbetriebes, seit ihr Vater 1980 mit vier befreundeten Landwirten begann, Biomilch auf den Markt zu bringen. Die Idee, natürliche Produkte natürlich zu behandeln, brachte ökonomische und ökologische Vorteile. Und seit der Großvater 1908 den ersten Joghurt herstellte, sind viele neue Produkte dazugekommen. Jede neue Marke sei anstrengend, doch das halte den Betrieb fit, findet sie.

Die Produkte von 105 Betrieben können mittlerweile zurückverfolgt werden. Zehn Prozent der Produktion gehen ins Ausland: 30 Prozent nach Frankreich und erstaunliche 19,3 Prozent nach Rumänien. Selbst in Dubai wird Andechser Joghurt geschleckt, es sind 1,8 Prozent. Auch mit dem Heiligen Berg konnte Frieden gemacht werden: "Dank der Bauern, die damals Flagge gezeigt haben und durch ihre Friedens-Wallfahrt dazu beitrugen, dass wir nach dreieinhalb Jahren die Baugenehmigung für die neuen Gebäude bekamen."

Die Treue der Landwirte macht sich bezahlt. Ihr Vorteil, der Biomilch-Preis ist unabhängig von den Schwankungen des Marktes. Es gibt Fördermöglichkeiten und Investitionsprogramme. Die Orientierungsberatung erfolgt durch das Fachzentrum für Ökologischen Landbau in Ebersberg, Leiterin Susann Rosenberger erklärt, dass zuerst die Flächen umgestellt werden müssen: 24 Monate nach Vertragsabschluss haben Klee und Gras Ökoqualität, sechs Monate später gibt es die erste Biomilch und nach einem weiteren halben Jahr Biofleisch.

Wichtig ist die Zertifizierung durch einen der vier Fachverbände, Bioland, Demeter, Naturland und Biokreis, dazu lieferte Harald Ulmer Informationen. Interessant für die Landwirte waren allerdings auch die Erfahrungsberichte der Biobauern Michael Schelle aus Forst im Landkreis Weilheim und Richard Schmölz aus Stötten am Auerberg. Homoöpathie-Kurse hätten 2001 sein Interesse an der ökologischen Landwirtschaft geweckt, berichtet Schelle. Wichtig sei die Umstellung aus Überzeugung. Und die ganze Familie müsse dahinter stehen. Erst musste er Futter teuer zukaufen. Von großem Vorteil sei der rege Austausch zwischen den Biolandwirten und die guten Berater.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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