Andechs:Malen für Mama

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Die Herrschingerin Silvia Pirelli ist vor 36 Jahren nach Kenia ausgewandert. Mit dem Erlös aus dem Verkauf ihrer Bilder unterstützt sie arme Familien, die Sanierung von Schulen und Naturschutzprojekte in ihrer Wahlheimat

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Andechs

Der Afrikanerin auf dem Bild sieht man ihre Verzweiflung an. Ihr Haupt ist sorgenvoll gebeugt, im Hintergrund sind ihre vielen Kinder mit ernsten Gesichtern zu sehen: Die Werke der Kunstmalerin Silvia Pirelli wirken wie Fotos, die grafisch nachbearbeitet worden sind.

Das Ölgemälde der Mama von sieben Kindern sticht heraus aus der Ausstellung, in der Stimmungen einer idealisierten Natur und Portraits von Menschen und Tieren zu sehen sind. Normalerweise malt Pirelli auch nach Fotos. Keiner der Stammeshäuptlinge und natürlich auch keiner der von ihr gemalten Löwen, Leoparden oder Elefanten hat je ihr Atelier in der Nähe von Malindi in Kenia von innen gesehen. Nur die kinderreiche Mutter hatte sie direkt vor sich. Denn die "Mama", wie Pirelli sie nennt, arbeitet auf ihrer Farm. Sie sei das Sinnbild einer afrikanischen Frau, erklärt die Kunstmalerin. Diese Frauen haben viele Kinder, wissen aber nicht, wie sie sie ernähren sollen, denn der Ehemann ist oft monatelang verschwunden. Die Frauen arbeiten hart, um zu überleben. Doch kaum verfügen sie über ein Einkommen, beispielsweise durch den Verkauf einer Ziege, nehmen ihre Ehemänner das Geld und verschwinden wieder. Diese Geschichte wiederholt sich unendlich oft. Sobald eine Tochter geschlechtsreif ist, wird auch sie schwanger - und die Probleme beginnen von Neuem.

Die Herrschingerin Silvia Pirelli ist vor 36 Jahren nach Kenia ausgewandert. Ihr Vater, ein Großwildjäger, sei Rassist gewesen. Sie habe damals ein Zeichen setzen wollen gegen Rassismus, erzählt sie. Seitdem versucht die Künstlerin, mit den Einkünften aus dem Verkauf ihrer Bilder Projekte zur Unterstützung von sozial schwachen Menschen in ihrer Wahlheimat und zum Schutz der Natur zu finanzieren.

Auch dieses Mal ist sie hier, um ihre Bilder und von ihr gefertigten Schmuck zu verkaufen. Sie sind bis 27. August in der Gärtnerei Stefan Dorn in Andechs zu sehen. Die Bilder haben keine Titel und keine Preise. Die Künstlerin will, dass sich der Betrachter selbst Gedanken zu den Werken macht. Mit ihr könne er dann verhandeln, was er für ein Bild zahlen will. Pirelli hat in den vielen Jahren, seit sie in Afrika lebt, in Herrsching einen losen Kreis von Mitgliedern aufgebaut, der ihre Projekte unterstützt. Es handelt sich um eine private Initiative, nicht um einen Verein.

Der Erlös aus der Andechser Ausstellung soll den Tieren zugutekommen. Denn noch immer werden Geschäfte gemacht mit Elfenbein und den Hörnern der Rhinozerosse. Wie Pirelli sagt, gibt es in Südafrika sogar Farmen, in denen die Tiere eingesperrt sind, um beispielsweise Löwen zu züchten, die für die Großwildjagd zum Abschuss freigegeben werden. Rhinozerosse werden gefangen gehalten, um alle 18 Monate ihr Horn zu ernten. Das sei zwar verboten, soll aber künftig erlaubt werden, so Pirelli, und zwar durch ein spezielles Handelsabkommen, dem nach ihren Angaben auch die EU zustimmen will. "Es ist unglaublich, dass es so etwas gibt. Das ist einfach grauenhaft." Auf ihrer Lamagiro-Farm in Kenia leistet sie in Kooperation mit dem nahegelegenen Krankenhaus Erste Hilfe bei Verletzungen, unterstützt Familien mit Schul-Patenschaften und gibt Geld für die Renovierung von Schulen und Kindergärten. "Man muss die Leute kennen und mitten in die armen Gebiete hineingehen", sagt sie. Einfach Geld von außen zu geben, das funktioniere nicht in einem korrupten Land, wie Kenia. Für die "Mama" hat sie ein geheimes Konto eingerichtet, an das ihr Ehemann nicht herankommt.

Die Ausstellung ist bis Samstag, 27. August, jeweils von 10 bis 16 Uhr in der Andechser Gärtnerei Dorn zu sehen.

© SZ vom 24.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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